Mut zu Kreativität und Innovation sind gefordert! Sind heutige Schulhöfe und Spielplätze die Kodifizierung der sicheren Langweile?
Lernen passiert beim Zuhören in der Schulklasse, in kleiner Diskussionsrunde, beim Lesen, beim Beobachten, beim Experimentieren und natürlich beim Spielen. Durch Bewegungs-, Konzentrations-, Rollenspiele und viele andere, eignen sich Kinder und Jugendliche essentielle grundlegende Fähigkeiten an, die man sonst nirgendwo lernen könnte.[1]
Schulhöfe sollten daher nicht nur einen Ort für eine Pause im Freien bieten, sondern vielmehr einen inspirierenden, abenteuerlichen, inklusiven und interaktiven Raum, der zur Kommunikation und zum Ausdruck von Kreativität anregt. Ein Großteil der Schulhöfe (und Spielplätze) sieht aber sehr belanglos und sogar langweilig aus. „Wo keine Gefahr ist, suchen sich die Kinder etwas aus, um ihren Mut zu testen. Daher sollte man ein bisschen Gefahr immer einbringen, die aber für die Kinder deutlich zu erkennen sein soll“ sagte mir ein Lehrer vor einige Zeit.
2013 berichtete die Unfallkasse Berlin in der Broschüre „Die Bewegungsbaustelle“, dass „Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter immer weniger motorische Kompetenzen haben.“ [2] Kreativität auf Spielplatz und Schulhof ist Mangelware, da die industriell vorgefertigten Spielgeräte die kreative Eigentätigkeit limitieren oder sogar behindern.
Die Kunsthalle Zürich widmete in diesem Jahr dem Thema Spielplätze eine ganze Ausstellung.[3] Gezeigt wurden die experimentellen und kreativen Spielobjekte und -Landschaften, die in den 50er, 60er und 70er Jahren als gebaute Traumwelten realisiert wurden. Verrückte Objekten, experimentelle gewagte Lösungen, die durch verschiedene Materialien, Kombinationen von Formen und vor allem durch eine inspirierende Vielfalt an Nutzungen geprägt waren.
Ist die Kodifizierung von Sicherheitsnormen das Ende vom kreativen Spielen?
Wie wird heute gespielt? Wie könnte man Schulhöfe und Spielplätze individualisieren und ihnen die wichtige Rolle wiedergeben, die sie für die physische und mentale Entwicklung von Kinder und Jugendliche haben?
Verschiedene Perspektiven zum Thema bietet unter anderem die Fachkonferenz und Spielenacht „Spielend die Stadt verändern!“, die vom 10.-11. Juni 2016 in Frankfurt stattfindet: Mit einem Beitrag von Dr. Karl-Heinz Imhäuser und einem interaktiven Spaziergang zum Thema „Spielen in der Stadt“ von Barbara Pampe und Dr. Vittoria Capresi (Veranstalter: Evangelische Akademie Frankfurt).
[1] Karl-Heinz Imhäuser, „Learn = Move + Play. Pedagogical Aspects of Playing and the Importance of Playgrounds“. In: Vittoria Capresi, Barbara Pampe (eds.), "Learn-Move-Play-Ground. How to improve playgrounds through participation", Jovis, Berlin 2013; S. 16-21.
[2] "Die Bewegungsbaustelle. Einsatz der Bewegungsbaustelle in Kita und Schule". Unfallkasse Berlin 2013; S. 5.
[3] „The Playground Project“. Vom 20.02.-15.05.2016 in der Kunsthalle Zürich. Gabriela Burkhalter (ed.), "The Playground Project", Ausstellungskatalog, JRP|Ringier, Zürich: 2016.
Foto: Group Ludic, Hérouville Saint-Clair, 1968. Foto aus der Ausstellung "The Playground Project", Kunsthalle Zürich 2016.
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Spielend die Stadt verändern? – Was-Wie-Wo fragen wir auf einer Fachtagung in Frankfurt
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Gesellschaft, Gemeinschaft, Gestaltung und die Phase Null
Christian Holl, Mitbegründer und Autor beim online Magazin frei04 publizistik, hat sich unseren Film »Phase Null – Der Film« angesehen. Eine Rezension.
Mit einem fast zweieinhalb Stunden langen Film hat die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft eine anschauliche und ausführliche Reportage produzieren lassen. Sie zeigt, wie im Vorfeld eines Schulneubaus Prozesse gestaltet werden können, innerhalb derer sich Bauherren und Nutzer darüber Klarheit verschaffen, was sie vom Neubau und damit auch vom Architekten erwarten können.
Gemeinsam mit Schulleitung, Lehrern, Eltern, Schülern, Politik und Verwaltung sowie Vertretern des Stadtteils entwickelte ein Beratungsteam das Programm für einen Neubau der Geschwister-Scholl-Stadtteilschule in Hamburg. Diese Ganztagesschule für die Klassenstufen fünf bis zehn ist sicher kein leichter Fall – die Klassen sind groß, der Stadtteil hat einen Migrationsanteil von 75 Prozent. Die Schule leistet dabei Hervorragendes: Kaum ein Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss. Im projektierten Neubau sollen Architektur und pädagogisches Konzept zusammen gedacht werden können, sollen sich Schule und Stadtteil miteinander verbinden lassen.
Der Film zeigt, welche Bedeutung in so einer Lage diese Phase Null, die Ermittlung und Vorbereitung der Planung hat: Sie sorgt dafür, dass ein intensiver Reflexionsprozess eingeleitet wird, in dem die Schule sich ihrer Qualitäten und Eigenheiten vergewissert. Auch die Kritik am bestehenden Bau (immerhin von Van den Broek und Bakema) half, die Wünsche an einen Neubau zu präzisieren. Vor allem aber konnten die Nutzer durch den zehnmonatigen Prozess überhaupt lernen, welche Möglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen und unter welchen Optionen gewählt werden kann. Über Schlüsselinterviews, Exkursion, Workshops und Gremienarbeit wird dieser Prozess im Film ausführlich nachgezeichnet.In seiner Ausführlichkeit richtet sich der Film vor allem an die, die, in welcher Funktion auch immer, vor einer ähnlichen Herausforderung stehen: Gerade in der Länge wird deutlich, welche Intensität und Breite dieser Prozess haben kann und soll, welche Wege des Austauschs zwischen Institutionen aktiviert werden können.
Am Ende der zehn Monate konnte ein Architektenwettbewerb ausgelobt werden, in dem genau mitgeteilt wurde, was man von den Architekten erwartete. In einem separaten Trailer wird der Wettbewerb in einer Kurzdokumentation vorgestellt, nicht aber dessen Ergebnis. Inzwischen ist es freilich bekannt: Die Entscheidung fiel für den Entwurf von MGF Architekten aus Stuttgart.
Quelle: Christian Holl Rezensionen: Stadt, Architektur, Gesellschaft 3/5; frei04-publizistik.de, 24. Mai 2016
Christian Holl ist freier Autor und Kurator, Mitglied im Ausstellungsausschuss der Architekturgalerie am Weißenhof und Geschäftsführer des BDA Hessen. Gemeinsam mit Ursula Baus und Klaus Siegele gründete er 2004 frei04 publizistik. Buchpublikationen, Ausstellungen, Veranstaltungsorganisation, Vorträge, Moderation und freie Autorenschaft prägen das Profil der Partnerschaft. frei04 publizistik informiert und berichtet auf frei04-publizistik.de regelmäßig über Architektur und Stadtplanung.
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Schulentwicklung trifft Schularchitektur
Bei unserer Veranstaltung »Phase Null im Schulbau« sprach Jörg Fanelli-Falcke aus der Perspektive eines Stadtbaurates über Faktoren für eine gelingende Projektentwicklungsphase am Beispiel des Bildungs-Campus in Osterholz-Scharmbeck.
Eine demokratische Gesellschaftsstruktur kann auf Dauer nur auf Basis einer guten Bildung für alle existieren. Kommunen haben hierbei eine weitaus größere Verpflichtung, als nur die Schulgebäude zur Verfügung zu stellen. Mit dem 2015 fertiggestellten Campus hat Osterholz-Scharmbeck Bildung im Kontext von Stadtentwicklung neu gedacht.
Ausgangspunkt war das 2007 entwickelte integrierte Stadtentwicklungskonzept der niedersächsischen Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck, in dem als zentrales Ziel die Steigerung der Attraktivität als Bildungsstandort festgeschrieben wurde. Bereits 2005 war ein hoher Sanierungsbedarf bei der örtlichen Realschule festgestellt worden. Statt hohe Summen in den Erhalt des Status quo zu investieren, nutzte die Stadt als Schulträger die Chance, die räumlichen Voraussetzungen für die Umsetzung neuer Bildungsmodelle zu schaffen. Die Grundidee war eine Verbesserung der Qualität der Bildungsangebote durch den Neubau einer Schule mit einem außergewöhnlichen pädagogischen und architektonischen Konzept. In der Vernetzung mit Partnern in der Kommune sollte sie für alle sozialen Gruppen attraktiv und gut erreichbar gemacht werden, um Räume und Strukturen für ein bürgerschaftliches Engagement zu schaffen.
Ein zukunftsorientiertes Bildungs- und Begegnungszentrum
Auf dem rund 4 Hektar großen innenstadtnahen Gelände am Barkhof entstand zwischen 2010 und 2015 ein rund um einen Campusplatz angesiedeltes Gebäudeensemble. Kern des Campus ist die neue Oberschule „Lernhaus im Campus“, die aus dem Zusammenschluss von Real- und Hauptschule entstanden ist. Im Mittelpunkt des neuen Schulkonzepts steht ein selbständiges und kooperatives Lernen. Voraussetzung dafür ist die Raumgestaltung: Ein großer Teil des Lernens findet in jahrgangsbezogenen Lernlandschaften statt, in denen alle Schüler/innen sowie die Lehrkräfte ihren eigenen Arbeitsplatz haben. Das gegenüberliegende „Medienhaus im Campus“ enthält die Mensa für die Oberschule und das benachbarte Gymnasium und bündelt die Angebote der Bibliothek und weiterer Medieneinrichtungen. Schließlich wurde ein Bestandsgebäude zum „Bildungshaus im Campus“ umgebaut. Das Bildungshaus kombiniert das Weiterbildungsangebot der Volkshochschule mit niedrigschwelligen Beratungs- und Begegnungsangeboten.
Architektur folgt inhaltlichen Konzepten
In der Phase Null ging es um die Zusammenführung von zwei Schulen unter einem gemeinsamen pädagogischen Konzept in einem neuen Baukörper. Das pädagogische Konzept der Oberschule wurde in einem Beteiligungsverfahren mit Lehrkräften, Eltern und Schüler/innen sowie der Stadt entwickelt. Auch die Landeschulbehörde war vertreten. Begleitet wurden der Prozess in der Beratung durch einen engagierten Moderator und einen Architekten. Auch im Bauverfahren und bei der Innenausstattung waren alle Beteiligten eingebunden.
Aus der Phase Null heraus in den Umsetzungsprozess zu gelangen und die Beteiligung in der Bauphase weiterzuführen ist eine große Herausforderung und verlangt von allen großes Verständnis für die Abläufe eines komplexen Vorganges und Geduld und Vertrauen in das Gelingen. Die intensive und zeitaufwendige Arbeit am Anfang wird in der Bauphase und in der folgenden Benutzung des Gebäudes belohnt und der Arbeitsprozess macht wirklich Spaß für alle, die sich auf etwas Neues einlassen können. Am Anfang stand eine Vision — jetzt steht der Campus.
Ein überzeugendes Ergebnis
Der Campus spricht mit der Vielfalt seiner Angebote, dem neu gestalteten öffentlichen Raum und der Transparenz und Barrierefreiheit der Gebäude einen breiten Nutzerkreis an. Architektur und Raumstrukturen werden zum dritten Pädagogen. Erste Beispiele zeigen bereits das Potential des Campusnetzwerks zur besseren Unterstützung von Kindern und Jugendlichen und zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement. Das erweist sich bei der gegenwärtigen Herausforderung der Integration von geflüchteten Menschen als besonders hilfreich.
Weitere Informationen zum Lernhaus auf dem Campus finden Sie auf der Seite der Stadt Osterholz-Scharmbeck: www.osterholz-scharmbeck.de
Sie wollen tiefer in das Thema eintauchen?
Um unsere Erfahrungen weiterzugeben und mit renommierten Expert/innen und Praktiker/innen über neue Wege in der Schulentwicklung und der Schularchitektur zu diskutieren, laden wir ein zum Campus-innovativ Fachtag „Schulentwicklung trifft Schularchitektur“ am 28.-29. September 2016 in Osterholz-Scharmbeck. Mit ausgewiesenen Experten, u.a. von der Stiftung Baukultur und der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. In Vorträgen und Workshops werden folgende Themenschwerpunkten diskutiert:
- Phase Null: Planungs- und Findungsprozesse mit Schule, Eltern, Schulträger, Politik, Planern*
- Entwurfsabstimmung – Finanzierung – Prozessplanung
- Pädagogische Architektur
Jörg Fanelli-Falcke, Dipl.-Ing. für Architektur und Stadtplanung, ist seit 2016 ehrenamtlicher Campusbotschafter der Stadt Osterholz-Scharmbeck. Bis September 2015 war er als erster Stadtrat und Stadtbaurat bei der Stadt Osterholz-Scharmbeck tätig.
Foto: Gruppenraum, Lernhaus im Campus, Osterholz-Scharmbeck
Architektur: Kister Scheithauer Gross + Feldschnieders + Kister
Fotograf: Steffen Fuchs, HeidelbergCementAG
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RAUMUNDINKLUSION: Lernräume für eine inklusive Schule
Am 25. Juni 2016 fand im Rahmen der Studie RAUMUNDINKLUSION eine Zwischenpräsentation und ein Gespräch mit Expert/innen aus Verwaltung, Architektur und Pädagogik statt.
Die Studie RAUMUNDINKLUSION ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft gefördertes Forschungsprojekt des Lehrstuhls für internationale Lehr- und Lernforschung (unter Leitung von Prof. Dr. Kersten Reich) an der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit dem bueroschneidermeyer (unter Leitung von Dipl.-Ing. Jochem Schneider) sowie der inhaltlichen Unterstützung der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Ziel der Studie ist es, „konkrete Anforderungen an Schulbau abzuleiten“ die wichtige praxisbezogenen Hinweise zum inklusiven Schulbau geben sollen.
Der Studie liegt ein internationales, ganzheitliches Verständnis von Inklusion zugrunde: „Diversität ist Vielfalt. Zur Vielfalt gehören Aspekte wie Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, sozioökonomischer Status, Behinderung, usw. ,Diversity education‘ will die Unterschiedlichkeit von Lebensentwürfen, Voraussetzungen, Möglichkeiten, Begrenzungen, die mit einer Gruppenzugehörigkeit oder individuellen Voraussetzungen und Einstellungen einhergehen, betrachten und respektieren.“[1]
Auf Grundlage dieses Verständnisses von Inklusion reagiert die Studie auf den Bedarf nach qualitativen Kriterien für die räumliche Organisation des gemeinschaftlichen Unterrichts und deren Übersetzung in konkrete Raum- und Flächenkonzepte. Bisher finden sich Anhaltspunkte für notwendige Räume und Flächen in Bezug auf Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nur in den Schulbauförderprogrammen für Förderschulen der unterschiedlichen Bundesländer. Die dabei festgelegten Flächenansätze sind bis zu sechsmal höher im Vergleich zu den Flächenansätzen von Regelschulen.
Welche Flächen sind in inklusiven Schulen anzusetzen und wie sollen sie organisiert sein?
Vergleichbare Studien ermittelten ausschließlich die erforderlichen Personalressourcen, notwendig sind aber auch konkrete Einschätzungen bezüglich der Raumressourcen und räumlicher Organisationsmodelle. Die in der Studie untersuchten Schulprojekte sollen dabei Best-Practice Beispiele liefern und einen Orientierungsrahmen für die Planung von konkreten Um- und Neubaumaßnahmen geben. Gleichzeitig können sie eine wichtige Grundlage für die Ausgestaltung der künftigen Schulbauleitlinien auf Landes- und kommunaler Ebene bieten. Auch Erfahrungen der Referenzschulen zu Übergangsprozessen vom getrennten zum gemeinsamen Unterricht sollen einbezogen werden.
Status Quo: Zehn Schulen beispielhaft
Der Arbeitsprozess gliedert sich in drei Phasen: Nachdem in den letzten Monaten elf Schulen in Deutschland und sechs internationale Schulen unter Einbeziehung von Experten mit direktem Praxisbezug besucht wurden, sind von den besuchten Schulen zehn Referenzprojekte sowie drei Schulen in Planung aus Köln, München und Stuttgart ausgewählt worden. Die zehn gebauten Projekte sind: Rosenmaarschule, Köln; Grundschule auf dem Süsteresch, Schüttorf; Grundschule Berg Fidel, Münster; Grund- und Mittelschule, Thalmässing; Gebhardschule, Konstanz; Paula-Modersohn-Schule, Bremerhaven; Freiherr-vom-Stein-Schule, Neumünster; Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule, Göttingen. International: Meduxnekeag Consolidated School, Woodstock, Kanada; Oulun Normaalikoulu, Oulu, Finnland.
Bewertung der räumlichen Strukturmodelle aus den Referenzprojekten
Im Anschluss an die Auswertung und Analyse dieser Referenzschulen sind Struktur- und Organisationsmodelle sowie Flächenbedarfe abgeleitet worden. Es wurden außerdem fünf deutsche Musterraumprogramme (Baden-Württemberg, Köln, Hamburg, München, Bremen) in Hinblick auf die räumlichen Anforderungen der Inklusion untersucht: Die Angaben für allgemeinbildende Schulen und Förderschulen wurden verglichen und den Ergebnissen aus der Analyse der Modellschulen gegenübergestellt. Dabei interessiert die Frage, wie sich die Flächenangaben unterscheiden, die mit ganz unterschiedlichen Umsetzungsstrategien an das Thema Inklusion herangehen.
Expertenworkshop
Am 25. Juni wurden die vorläufigen Ergebnisse anhand von drei Schulen beispielhaft einem Kreis ausgewiesener Expert/innen aus Verwaltung, Schule und Architektur präsentiert. In dem anschließenden Fachgespräch diskutierten:
Helga Boldt, Schulleiterin der Neuen Schule Wolfsburg
Raphaella Burhenne de Cayres, Gernot Schulz Architekten, Köln
Heiner Farwick, Farwick und Grote, Dortmund, Präsident des Bundes Deutscher Architekten BDA
Michael Gräbener, Projektleiter Bildungslandschaft Altstadt Nord, Amt für Schulentwicklung, Köln
Doris Gruber, Gruber und Popp Architekten, Berlin
Walther Heilmann, ehemaliger Schulleiter der Rosenmaarschule, Köln
Marion Hensel, Schulleiterin der Helios Grundschule, Köln
Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Bonn
Olaf Köster-Ehling, stellv. Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Bonn
Dr. Meike Kricke, Institut für Vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln
Andreas Niessen, Schulleiter des Geschwister Scholl Gymnasium, Pulheim (Jakob-Muth-Preisträger 2016)
Barbara Pampe, Projektbereichsleitung Pädagogische Architektur der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Bonn
Prof. Dr. Kersten Reich, Institut für Vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln
Barbara Riekmann, ehemalige Schulleiterin der Max-Brauer-Schule, Hamburg
Lea Schanz, bueroschneidermeyer, Köln/Stuttgart
Antje Scharsich, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn
Jochem Schneider, bueroschneidermeyer, Stuttgart/Köln
Udo Stoessel, Senat für Kinder und Bildung, Liegenschaftsverwaltung, Bremen
Andrea Herrmann-Weide, Senatorin für Kinder und Bildung, Bremen
Dr. Annette Wilczek, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Projektträger Chancengleichheit / Genderforschung, Integration
Ausblick: Strukturmodelle und Leitfragen für die Praxis
In einer dritten Phase sollen Strukturmodelle und ein Leitfaden für die Praxis ausgearbeitet werden. Dabei ist es nicht Ziel der Studie RAUMUNDINKLUSION, neue Standards zu definieren, sondern Referenzmodelle für inklusive Schulen und Lernorte aufzuzeigen. Der Schlussbericht wird im Herbst 2016 in einer umfassenden Fassung herausgegeben vom BMBF. Eine gekürzte Form wird in Herausgeberschaft der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft erscheinen.
[1] In: Reich/Asselhoven/Kargl: „Eine inklusive Schule für alle“, Beltz 2015; S. 25.
Weitere Artikel zur Studie RAUMUNDINKLUSION:
Kanada: Wo das Curriculum der Individualität des Kindes entspricht
Finnland: Wo die Lernumgebung die Sprache der Pädagogik spricht
Gemeinsame Studie „Raum und Inklusion“ mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung vorgestellt
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Schulbau heute
Mit ‚polis’ sprach Barbara Pampe, Projektbereichsleitung Pädagogische Architektur der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, über aktuelle Fragen zur Schulbau Debatte. Ein Interview. Pädagogik und Architektur sind Disziplinen, die meist getrennt voneinander betrachtet werden. Im Schulbau müssen sie zusammen gedacht werden. Was verstehen Sie/die Montag Stiftungen unter dem Begriff der pädagogischen Architektur? Im Schulbau müssen diese beiden Begriffe unabdingbar zusammen gedacht werden. Unser Ziel ist es, gute pädagogische Konzepte zu realisieren, d. h. Kinder möglichst gut auf ihrem Bildungsweg zu begleiten – und Räume zu gestalten, die diese Konzepte ermöglichen. Wir möchten Räume, die Kinder inspirieren und in denen Lernen Spaß macht. Natürlich sollen sich auch die Lehrer in den entsprechenden Räumen wohlfühlen und gerne unterrichten. Wichtig ist, dass alle Räume ihre jeweilige(n) Nutzung(en) unterstützen. Leider wurde dieser Zugang aufgrund etablierter Musterraumprogramme lange nicht verfolgt. Welche Gründe gibt es, Schulen architektonisch neu zu denken oder bestehende Schulhäuser zu verändern – warum brauchen wir andere Schulen und welchen Herausforderungen begegnet hier der qualitativ hochwertige zukunftsfähige Schulbau? Die Frage ist heute noch einmal eine andere als noch vor fünf Jahren. In den Ballungszentren haben wir einen enormen Bevölkerungszuwachs. Folglich steigt auch der Bedarf an neuen Schulen. Köln plant, in den kommenden 15 Jahren rund 28 neue Schulen zu bauen. Das ist in anderen deutschen Metropolen ganz ähnlich. Wir müssen Schule aber auch neu denken, weil sich unsere Gesellschaft verändert hat. Unserer heutigen Wissensgesellschaft wird in unseren bisherigen Schulen bisher kaum Rechnung getragen. Die Digitalisierung hat nicht nur das Lernen verändert, sondern auch die Anforderungen, die Jugendlichen beim Berufseinstieg begegnen. Daneben müssen wir uns Gedanken zu Ganztagskonzepten machen und auf die UN-Diagnose reagieren, dass unser Bildungssystem benachteiligend gegenüber Kindern aus bildungsfernen Familien ist. Durch die Unterzeichnung der UN-Konvention sind wir überdies verpflichtet, uns auch dem Thema Inklusion anzunehmen, das sich natürlich auch auf die architektonische Struktur von Schulgebäuden bezieht. Diese Punkte beeinflussen und verändern Schule. Es gibt neue Qualitäten und Aktivitäten, die nun auch in der Schule stattfinden. Am Beispiel Ganztagsschule wird dies besonders deutlich: Früher gingen die Schülerinnen und Schüler von 8 bis 13 Uhr in die Schule. Heute verbringen Kinder und Jugendliche „den ganzen Tag“ in der Schule. Sie essen in der Schule, haben am Nachmittag noch Unterricht, können sich aber auch zurückziehen, spielen oder sich sportlich betätigen. Diese neuen Qualitäten müssen nun auch im Schulbau berücksichtigt werden. Die Idee zu überarbeiteten Raumtypologien ist nicht neu. Wieso zeichnet sich erst jetzt ein Umdenken ab, das auch bis in die öffentlichen Richtlinien hinein Umsetzung findet? In den 70er Jahren basierten die Überlegungen auf Ideologien. Heute liegen uns sehr konkrete Forschungsergebnisse vor, wie z. B. aus der PISA-Studie oder aus der Lernforschung, die belegen, dass vielfältiges Lernen die Grundvoraussetzung für Lernerfolg ist. Diese Ergebnisse liefern auch Analysen aus der Hirnforschung und der Sozialpsychologie. Die ursprüngliche Ideologie ist heute also wissenschaftlich belegt und erhält hierdurch ihre Rechtfertigung. Inwiefern können „offene Schulen“ zu zentralen Orten in Stadtteilen werden? Bildung ist immer zentrales Anliegen von Städten. Eltern achten darauf, dass im nahen Wohnumfeld gute Schulen verfügbar sind. Diese Schulen stehen als öffentliche Räume auch solchen Aktivitäten zur Verfügung, die nicht per se mit dem Schulalltag zu tun haben. So nutzen beispielsweise Vereine Turnhallen, oder der Schulhof steht auch nach Schulschluss als öffentlicher Platz für den gesamten Stadtteil zur Verfügung. Auch o. g. Beispiel der Musikschule, die Schulräume nutzt, wird vielerorts bereits verfolgt. Als Schulträger hat die Stadt hier die Chance, schulische Räume sinnvoll und effizient zu nutzen – und sie nicht schon um die Mittagszeit abzuschließen. Darüber hinaus sollte Schule als öffentliches Gebäude auch einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und in der Stadt einen zentralen Anlaufpunkt bilden, der von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden kann. Im Planungsprozess von Schulen sprechen die Montag Stiftungen von qualifizierter Projektentwicklung als Grundvoraussetzung. Sie nennen diesen Prozess „Phase Null“. Was ist darunter zu verstehen? Der Begriff nimmt Bezug auf die Einteilung der Leistungsphasen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Die dort vorgesehenen Leistungsphasen 1–9 schließen eine solche integrierte Planung im Vorfeld (noch) nicht ein. Die Phase Null zielt darauf, vor der eigentlichen Planung eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie ein Organisationsmodell für allgemeine Lernorte, die Fachbereiche, Ganztags-, Team- und Gemeinschaftsräume sowie die Freibereiche und wie das konkrete Flächenprogramm überhaupt aussehen können. In dieser Projektentwicklungsphase werden die wichtigsten Weichen für den Bau- und Planungsprozess gestellt und alle am Schulbau betroffenen Gruppen beteiligt, darunter Pädagogen, Architekten und die Verwaltung, d. h. Schulamt, Hochbauamt, Stadtplanung, die Schule selbst mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Eltern und Kindern. Die Beteiligung aller Nutzerinnen und Nutzer an der Phase Null hat den Vorteil, dass zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Einflussnahme am größten ist. So werden Zusatzkosten verhindert, die entstehen, wenn Änderungen nach Abschluss des Planverfahrens beschlossen werden. Wie lange dauert der beschriebene Phase-Null-Prozess in der Regel? Gibt es hier Unterschiede zwischen Schultypen? Das ist ganz unterschiedlich. Aus unseren Erfahrungen dauert der Prozess zwischen sechs und neun Monaten. Die Zeitspanne ist abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen. In einem Prozess kam beispielsweise einmal die Frage des Denkmalschutzes auf. Solche Dinge können den Prozess unerwartet verlängern. Wie erfolgt die Beauftragung der Montag Stiftungen, solche Planungsprozesse zu steuern? Gibt es von Ihrer Seite aus Ausschreibungen, auf die sich Schulen bewerben können oder werden Sie auch von Städten angesprochen? Wir hatten kürzlich die zweite Ausschreibung in Form eines Wettbewerbs, für den sich Kommunen für die Finanzierung einer Phase Null bewerben konnten. Die Kommunen haben hierzu ein Projekt, das auch schon politisch beschlossen wurde, bei uns eingereicht, um es in Zusammenarbeit mit uns der Phase Null zu unterziehen. Diesen Wettbewerb haben wir bisher zweimal durchgeführt. Die ersten fünf Pilotprojekte sind bereits abgeschlossen. Die Gewinner des zweiten Wettbewerbs haben wir im Mai bekannt gegeben. Diese fünf neuen Projekte starten im Sommer bzw. Herbst 2016. Was geschieht im Anschluss an die Phase Null? Begleiten Sie die Schulen auch in ihrem weiteren Entwicklungsprozess? Ziel ist es, in der Phase Null die Weichen für die Planungs- und Bauphase zu stellen. Entscheidend ist dabei auch, dass die erarbeiteten Erkenntnisse in die weiteren Planungsphasen einfließen und darauf aufgebaut wird. Über diese Schnittstellen gilt es, rechtzeitig nachzudenken, um den Informationsfluss bestmöglich zu garantieren. Die Ergebnisse der Phase Null bilden die Grundlage für die Ausschreibung der Architektenleistung, im Idealfall für einen Architekturwettbewerb. Es empfiehlt sich, das Schulbauberatungsteam sowie die Schule in den Auswahlprozess zu integrieren. Nach Fertigstellung des Schulbaus wird uns auch die Frage des Betriebes interessieren: Wie wird die Schule die neuen Räumlichkeiten nutzen und weiterentwickeln? Braucht es Unterstützung in der Aneignung der Räume? Sofern Sie auf Ihre bisherigen Erkenntnisse und Erfahrungen blicken: Gibt es einen Prototyp der „guten Schule“ oder bestimmte Merkmale, die eine gute Schule ausmachen? Einen Prototyp gibt es nicht. Eine gute Schule charakterisiert sich durch ihr Zusammenspiel aus guter Pädagogik und einem gelungenen Schulbau sowie dem Kontext am jeweiligen Standort. In unserer Datenbank Lernräume Aktuell zeigen wir Beispiele für gelungene pädagogische Architektur. Das ist nicht immer die ganze Schule – manchmal überzeugt an einer Schule eine bestimmte Lösung oder ein Detail. Gute Schulen sind immer offen für verschiedene Nutzungen – sie bieten der Pädagogik viele Optionen, die sie braucht, um der Vielfalt der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Das Interview führten Susanne Peick und Marie Sammet Das vollständige Interview lesen Sie in: polis – Magazin für Urban Development, Nr. 02 (Juli 2016) www.polis-magazin.com
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Aus Altem wird Neues: Studierende für Gestaltungsworkshop gesucht
Gesucht werden 10 Studierende aus den Fakultäten Architektur, Design und Pädagogik, die mit einer Gruppe lokaler Jugendlicher und einem internationalen Team den Burgerhof in Prags/Südtirol partizipativ gestalten.
Der Burgerhof ist ein externer Lernort der Kindergärten und der Schulen des Schulverbundes Pustertal, Südtirol, und ein wichtiger Veranstaltungsort für Institutionen und Vereine, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Er ist aber viel mehr. Hier sollen zukünftig Kinder und Jugendliche einen Ort zum Leben, Arbeiten und „Sich-Erden“ finden, einen Raum, um sich weiterzuentwickeln und eigene Erfahrungen machen zu können.
Mit einem Workshop im September werden die Aktivitäten rund um den Burgerhof starten: Das DesignBuild Studio „Lern-Spiel-Bau-Platz“ ist das Kick-off-Projekt für die zukünftige Entwicklung des Burgerhofs. Studierende und Jugendliche werden gemeinsam Ideen formulieren und umsetzen, um die Räumlichkeiten durch punktuelle architektonische Interventionen zu entwickeln.
Das diesjährige Thema ist das Recyceln von Holz und Holzobjekten, die sich noch auf dem Bauernhof befinden. Die Aufgabenstellung ist die Gestaltung und Erstellung von multifunktionalen Objekten: Lern-, Relax-, Chill-, Sitz-, Lager-, Verstaumöbel für die beiden großen Dielen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Wohnhauses des Bauernhofs. Ein „neutrales“ Design soll zu verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten anregen, so dass die Elemente für unterschiedliche Altersgruppen und Aktivitäten zur Verfügung stehen und dem Raum zusätzliche Funktionen neben dem Ankommen und Verteilen verleihen.
Während der 10 Tage des gemeinsamen Workshops am Burgerhof werden Jugendliche und Studierende mit der Unterstützung eines Teams von Architekt/innen und Pädagog/innen Ideen formulieren, besprechen, testen und bauen.
Projektträger
- Gruppe-EOS Sozialgenossenschaft: Barbara Pizzinini und Mitarbeiter
- Schule/Schulverbund Pustertal: Josef Watschinger (Direktor Schulsprengel Welsberg und Vorsitzender des Schulverbundes Pustertal); Josef Kühebacher (Koordinator Schulverbund Pustertal)
- Bezirksgemeinschaft Pustertal: Hans Mitterhofer
- Pädagogisches Beratungszentrum Bruneck: Elisabeth Pallua; Wolfgang Grüner
- Berufsbildungszentrum Bruneck: Marlies Niederkofler; Maria-Magdalena Kranebitter
- Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Karl-Heinz Imhäuser (Vorstand); Barbara Pampe (Architektin, Projektbereichsleitung Pädagogische Architektur, Projektleitung)
- baladilab: Vittoria Capresi (Architektin, Projektleitung)
- Universität Stuttgart: Christian Schmutz (Architekt)
- A-U-R-A Architekturbüro: Marisol Rivas Velázquez (Architektin)
- Universität Brixen, Fakultät für Bildungswissenschaften: Beate Weyland (Professore Aggregato)
- Universität Bozen, Fakultät Design: Kuno Prey (Professor für Projekt Design)
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„Pilotprojekte Inklusive Schulen planen und bauen“ starten in die Phase Null.
Nachdem die fünf Preisträger ausgezeichnet wurden, fanden nun die ersten Gespräche mit den Planungsgruppen vor Ort statt. Im Folgenden stellen wir die fünf Projekte und ihre Rahmenbedingungen kurz vor:
Bielefeld
[caption id="attachment_1667" align="alignleft" width="300"] Quelle: Google Earth[/caption]
Die Städtische Gesamtschule Rosenhöhe in Bielefeld ist Teil eines Campus, der zusätzlich aus dem Rudolf-Rempel-Berufskolleg, dem Berufskolleg Senne sowie drei den Schulen zugeordnete Sporthallen besteht. Der Campus liegt in Brackwede im Süden Bielefelds angrenzend an den Teutoburger Wald. Im Schuljahr 2015/16 besuchten insgesamt 931 Schüler/innen die Schule (Sek. I vierzügig, Sek. II dreizügig). Seit dem Schuljahr 2013/14 ist sie eine Schule des gemeinsamen Lernens (gem. §20 Abs 5 SchulG NRW). Dies erforderte in den vergangenen drei Jahren mehrere Umbaumaßnahmen im Raumbestand. Die Sekundarstufe II musste den angestammten Schulstandort aufgrund der inklusionsbedingten Raumausweitung für die Sekundarstufe I verlassen und ist vorübergehend im ca. 1,5 km entfernten Gebäude der Marktschule (einer aufgelösten Hauptschule) untergebracht. Der Neubau der Sekundarstufe II ist auf dem Schulgelände unter Einbeziehung einer Sanierung/eines Neubaus der Schulsporthalle geplant.
Frankfurt
[caption id="attachment_1675" align="alignleft" width="300"] Quelle: Google Earth[/caption]
Der Stadtteil Sachsenhausen liegt am südlichen Mainufer, gegenüber der Frankfurter Altstadt. Zu Beginn des Schuljahres 2016/17 startet hier die IGS-Süd als eine neue inklusive Gesamtschule, zunächst mit vier fünften Klassen im alten Schulgebäude in der Textorstraße. Langfristig wird die Schule auch in den Gebäuden der Schwanthaler- und der Holbeinschule unterkommen, die dort ansässige Haupt- und Realschule laufen jahrgangsweise aus. Aus den drei Bestandsgebäuden (Baujahr jeweils 1909) soll ein moderner Schulbau entwickelt werden, der das pädagogische Konzept der IGS-Süd mit Lernbüro, Projekt- und Werkstattarbeit räumlich positiv unterstützt und gleichzeitig räumlich zum Stadtteil hin geöffnet ist. Geplant ist eine Gesamtsanierung und ein Umbau der drei Gebäude.
Gelsenkirchen
[caption id="attachment_1678" align="alignleft" width="300"] Quelle: Google Earth[/caption]
Die Glückaufschule-Ückendorf in Gelsenkirchen mit 256 Schüler/innen (Schuljahr 2015/16) liegt in einem Stadterneuerungsgebiet mit erheblicher sozialer Benachteiligung. Sie ist eine städtische Gemeinschaftsgrundschule mit zwei ca. 1 km voneinander entfernten Standorten (Standort Stephanstraße, zweizügig, Baujahr 1910 und Standort Parkstraße, einzügig, Baujahr 1899).
Geplant ist die Zusammenlegung beider Schulstandorte zu einer dreizügigen Grundschule mit Inklusionsbetrieb und Ganztagsbereich an der Stephanstraße. Eine Festlegung für einen Neu- bzw. Anbau existiert noch nicht. Beide Standorte entsprechen in ihrer Gebäudesubstanz nicht mehr den Anforderungen einer zukunftsfähigen Schule.
Weimar
[caption id="attachment_1680" align="alignleft" width="300"] Quelle: Google Earth[/caption]
Die Staatliche Gemeinschaftsschule Weimar wächst aktuell aus einer zweizügigen Grundschule mit Jenaplanprofil zu einer Gemeinschaftsschule der Klassen 1-12. Im Schuljahr 2015/16 ist die Entwicklung der Schule bis zur Klasse 9 mit 643 Schüler/innen fortgeschritten. Im Schuljahr 2018/19 wird die Gesamtgröße (ca. 860 Schüler/innen) erreicht sein und der erste Jahrgang wird das Abitur ablegen. Die Gemeinschaftsschule ist dann die größte Schule Weimars.
Als die räumlichen Kapazitäten am denkmalgerecht sanierten und erweiterten Standort in der Innenstadt nicht mehr ausreichten, wurde die leerstehende Typenschule in Plattenbauweise in Oberweimar für einen der Zweige reaktiviert. Hier sollen zukünftig der dritte Zweig und die gesamte Oberstufe der Schule untergebracht werden. Das Schulgebäude befindet sich in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand. Zur Umsetzung inklusiver pädagogischer Konzepte ist das Gebäude derzeit nicht geeignet.
Als einer von 16 IBA Kandidat will die Jenaplanschule sich zu einer 'Schule der Zukunft' entwickeln. Die sogenannte „StadtLandSchule“ soll beispielhaft für vergleichbare Schularten im Freistaat Thüringen entwickelt werden. Weitere Informationen zum Projekt "StadtLandSchule": www.iba-thueringen.de/projekte/stadtlandschule
Landkreis Darmstadt-Dieburg
[caption id="attachment_1681" align="alignleft" width="300"] Quelle: Google Earth[/caption]
Die Carlo-Mierendorff-Schule ist eine drei-/vierzügige Grundschule mit Vorklasse „im Grünen“. In der Schule werden etwa 280 Schüler/innen in 13 Klassen unterrichtet. Derzeit gibt es drei Inklusionsklassen, zusätzlich existiert eine Intensivklasse für Seiteneinsteiger. Das Einzugsgebiet der Schule ist ein gemischtes Wohngebiet mit sozialen Brennpunkten. Insgesamt haben über 50 % der Schüler/innen einen Migrationshintergrund.
Grundlage des Landkreises bei der Planung von Sanierungs- und Baumaßnahmen sind die 2013 beschlossenen Schulbauleitlinien. Seit Herbst 2015 gibt es im Eigenbetrieb für Gebäude- und Umweltmanagement im Fachbereich Hochbau eine Stelle, die ausschließlich die Leistungsphase Null bearbeitet und in diesem Sinne die anstehenden Projekte vorbereiten soll. Aus dem Pilotprojekt will man übertragbare Erkenntnisse über die „Phase Null“ zur weiteren Umsetzung gewinnen.
Auf Basis der Flächenbedarfe nach den Schulbauleitlinien soll die Carlo-Mierendorff-Schule saniert (mit Umbau und Erweiterung) oder neu gebaut werden.
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Typologien für lokale Bildungslandschaften
Wie können Städte und Regionen ihre Bildungsangebote in einer offenen Gesellschaft organisieren? Es gibt drei Optionen, vernetzte Bildungslandschaften als kommunale Wissen-Schaffens-Zentren aufzustellen.
Wie sichern wir die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Eignung und Anpassbarkeit von Bildung, im Verständnis eines durch Diversity und Inklusion geprägten gesellschaftlichen Denk- und Handlungsstils? Dies ist ein hoher Anspruch an Wissensvermittlungsangebote und -orte in unseren Städten. Das damit einhergehende Verständnis von Wissensproduktion und -vermittlung unterliegt dynamischen Prozessen, die es aktiv zu gestalten gilt.[1]
Bestehende und neue Orte zum Vorhalten, Schaffen und Vermitteln von Wissen sind in einer offenen Gesellschaft sowohl Orte der Bildung als auch der Begegnung und des Miteinanders. „Aufgabe wird sein, diese Infrastrukturen für die Zukunft zu qualifizieren und für die Nachbarschaft zu öffnen. Im Mittelpunkt stehen Konzepte, welche die Vielfalt im Quartier durch ihre Multifunktionalität fördern und deren attraktive städtebauliche Gestaltung. (...) Der Blick lenkt die Aufmerksamkeit u. a. auf sogenannte lokale Bildungslandschaften, die Bildungsorte auf lokalem Raum effektiv vernetzen und deren Angebote ganztägig nutzbar sind.“[2]
Solche kommunalen Wissens-Schaffens-Zentren sind Orte hybrider Überlagerung bisher institutionell und räumlich getrennter Aufgaben, Rollen und Funktionen. In ihnen entwickeln sich enge Verbindungen zwischen schulischen Bildungseinrichtungen, Orten der Hochschulausbildung, Medien-Gesellschaften und anderen Unternehmen, privat und staatlich.[3]
Es lassen sich drei Typologie von lokalen Bildungslandschaften als kommunale Wissen-Schaffens-Zentren unterscheiden:
Örtliche Überlagerung – Die Stärke baulich-konzeptioneller Bindungen
Kennzeichnend ist die Überlagerung verschiedener Bildungseinrichtungen/ Beratungseinrichtungen/ Medieneinrichtungen/ Sporteinrichtungen innerhalb eines Baukörpers, die bisher Einrichtungs- und Gebäudebezogen getrennt waren. Diese Klammer kann von einem gemeinsamen Baukörper reichen, in dem verschiedene Einrichtungen ablesbar bleiben, bis hin zur Nutzungsüberlagerung eines „shared space“. Im Rahmen getrennter Einrichtungen in einem gemeinsamen Baukörper gibt es in der Regel ein Centermanagement zur klaren hierarchischen Ressourcenzuweisung der Nutzung gemeinsamer räumlicher Ressourcen. Im zweiten Fall ist es eine Hausleitung, die die verschiedenen Nutzungen auf dem „shared space“ in der zeitlichen Folge im Rahmen definierter Nutzungsprioritäten über Aushandlungsprozesse festlegt.
Beispiel: Brede Scholen, Niederlande
Campusverbund – die Stärke starker Bindungen
Kennzeichnend sind starke Bindungen durch formale Kooperationsvereinbarungen verschiedener Bildungseinrichtungen, Beratungs-, Medien- und Sporteinrichtungen. für einen definierten Ablauf bei der Aushandlung gemeinsamer Interessen und Verantwortlichkeiten Diese bedingen ein zentrales Management zur inhaltlichen Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit entlang gemeinsamer Ziele und der gemeinsamen räumlichen Ressourcen, d. h. der Eigennutzungen, Mischnutzungen und Verbundnutzungen. Um über eine solche vereinbarte Regelung strukturwirksame Realisierung hervorzurufen, muss das Ziel die Etablierung eines zentralen Controlling und Berichtswesens sein, die alle Ebenen und die dort jeweils zu verantwortenden Aktivitäten zur Umsetzung der Verpflichtungen einbeziehen. Dafür muss ein Campusverbund über ein übergeordnetes kohärentes Leitbild für das zu steuernde Gesamtsystem verfügen. Es müssen dafür an die bestehenden Verhältnisse anschlussfähige Steuerungsstrukturen mit definierten Verantwortungen, Entscheidungswegen und eindeutig zugewiesenen Entscheidungsbefugnissen verbindlich geklärt und für das Funktionieren schriftlich vereinbart sein.
Beispiele: Bildungslandschaft Altstadt-Nord, Köln; Bildungs-Campus, Osterholz-Scharmbek
Netzwerk – die Stärke schwacher Bindungen
Kennzeichnend sind die Stärke schwacher Bindung in lose gekoppelten Netzwerkstrukturen von sich aufeinander beziehenden Netzwerkpartnern aus verschiedenen Bildungseinrichtungen, Beratungs-, Medien- und Sporteinrichtungen. Netzwerke sind eine spezifische Organisationsform von sozialen Systemen, die sich durch ihre Struktur und ihre Aufgaben – nicht zwingend durch ihre Zielsetzung! von einer klassischen Organisationsform unterscheiden. Wie Granovetter in „The Strength of Weak Ties“ herausgestellt hat, ist es gerade die Verbindung einer durch Unterschiede gekennzeichneten Vielfalt an Perspektiven eines möglichst heterogenen Akteursspektrums, mit der für Netzwerke typischen Form einer durch wenige Regeln gekoppelten Struktur, die die Fähigkeit von Netzwerken zur Entwicklung von Neuem und Innovativem ausmacht. Mit Orthey kann auf die Bedeutung der Ausbildung von Vertrauenskultur und dem besonderen Augenmerk auf die gute Gestaltung von Beziehungen in einem Netzwerk verwiesen werden, wenn man an den Mehrwert dieser Typologie herankommen möchte. Netzwerke zeichnen sich demnach „durch schnell und situativ zu aktualisierende mögliche Beziehungen aus. (...) Netzwerkstrukturen, insofern sie auf Vertrauens- und Beziehungsaspekten basieren, erscheinen formal justierten Strukturen überlegen. Netzwerkstrukturen sind potentiell sehr stark, sie sind dabei verlässlich und zuverlässig – und sie bleiben dabei nahezu „unsichtbar“. (…) Sie behalten hohe Leistungsreserven bezogen auf den gemeinsamen Gegenstand, weil sie kaum Energien in die Organisationsdimension umleiten. Netzwerke sind strukturüberlegen, weil sie strukturunterlegen sind!“[4]
Beispiel: Bildungsband Osdorf/Lurup, Hamburg
[1] Vgl. Montag Stiftungen (Hg.): Schulen planen und bauen. Grundlagen und Prozesse, S. 15ff. Berlin/Seelze 2012.
[2] Vgl. Bildung öffnet Welten. Stadt bietet Räume. Veranstaltungsankündigung Netzwerk Innenstadt Tagung am 18.2.2016.
[3] Vgl. „Schooling for Tomorrow. Networks of Innovation. Towards New Models for Managing Schools and Systems“. OECD 2003.
[4] Frank Michael Orthey: Lernende Netzwerke? Überlegungen zum Netzwerkbegriff und seiner Anschlussfähigkeit für Lernprozesse; in: Gruppendynamik und Organisationsentwicklung, 1/2005, S. 7-22.
Der Blogbeitrag ist ein Auftaktimpuls zur Veranstaltung der internationalen Bauausstellung Heidelberg (IBA) zu Fragen der Nachnutzung des Patrick Henry Village (PHV) in Heidelberg. Im PHV mit ehemals 8.000 Bewohnern soll – gemäß dem Motto der IBA „Wissen schafft Stadt“ – eine Wissensstadt von Morgen entstehen.
In einer ausführlichen Textversion erscheint dieser Beitrag im Rahmen der Veröffentlichung IBA LOGbuch No.1 Wissen | schafft | Stadt.
Skizzen: (c) Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft
Foto: Blick von Norden auf Wohnhäuser des Patrick Henry Village, (c) Wikimedia Commons, 4028mdk09, CC-BY-SA-3.0
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Die neue deutsche Schulbauwelle: Berlin
In Berlin diskutierten Mitte Juni Bezirksschulbeirat und -elternausschuss über ein neues Schulbaukonzept. Der ehemalige Münchner Stadtschulrat Rainer Schweppe war als beratender Experte vor Ort. Ein Interview.
Bis 2024 sollen ca. 100 neue Schulen in Berlin gebaut werden, um dem rasant steigenden Bedarf an Schulplätzen nachzukommen. Acht bis neun Jahre dauern Planung und Bau einer Schule derzeit durchschnittlich im Land Berlin. Diese Verfahrenszeit soll um die Hälfte verkürzt werden. Rainer Schweppe gibt aus seiner Tätigkeit als langjähriger Stadtschulrat eine Einschätzung, wie dieses Vorhaben gelingen könnte.
Herr Schweppe, als Stadtschulrat und Leiter des Referates für Schule und Sport der Stadt München haben Sie neue Schulbaurichtlinien auf den Weg gebracht und das Münchener Lernhauskonzept entwickelt. In Berlin waren Sie als beratender Experte eingeladen. Was raten Sie Berlin vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen?
Die Berliner Elternvertretung und auch der Senat reden von 75.000 Schulplätzen, die bis zum Jahr 2024 neu geschaffen werden müssen. Das ist in der Tat ein sehr starkes Wachstum und bedeutet, dass Berlin im Grunde schon gestern hätte anfangen müssen, diese große Aufgabe anzugehen, damit es jetzt ganz schnell gehen kann. Berlin ist nicht ganz einfach strukturiert, weil auf der einen Seite die Senatsverwaltungen bestimmte Aufgaben wahrnehmen und auf der anderen Seite die Bezirke. Das bedeutet eine besondere Zuständigkeits-bewältigungs-Aufgabe. Die Berliner haben sich bereits mit dem Hamburger Lösungsansatz einer Schulbau GmbH auseinandergesetzt, aber auch mit Münchener Lösungsansätzen. Ziel muss es sein, die bestehenden Strukturen, also die klassischen Strukturen einer Großstadtverwaltung zu optimieren. Wie dieser Weg aussehen wird ist aber noch nicht klar. Ich gehe davon aus, dass der Senat, der sich in diesen Tagen damit beschäftigt hat, bald mit seinen Plänen an die Öffentlichkeit gehen wird.
Welche konkreten Schritte sollte das Land Berlin jetzt gehen?
In München haben wir auf Basis von Schulentwicklungsplänen für alle Schulformen und genausten Analysen einzelner Grundstücke erst einmal die Datengrundlage geschaffen. Angesichts des Volumens, dass wir in diesem ersten Schritt bewertet haben, haben wir die Notwendigkeit einer Optimierung unserer Strukturen erkannt. Wir sind dann innerhalb der Stadtverwaltung dazu übergegangen mehr „face to face“ zu besprechen, um Prozesse zu beschleunigen. Im Februar haben wir ein Bauprogrammbeschluss mit 1,8 Milliarden für 38 Großprojekte im Stadtrat einstimmig beschlossen. Der zweite Bauprogrammbeschluss, mit dem wir etwa ein Investitionsvolumen von 3. Milliarden Euro zu bewältigen haben, wird für das nächste Jahr vorbereitet.
Sie sprechen von optimierten Strukturen in der Verwaltung – was genau kann das heißen?
Eine Optimierung der Strukturen bedeutet zum Beispiel, nicht bei jeder neuen Schule über die Frage zu diskutieren: „Wie bauen wir diese Schule?“. Wir brauchen Raumstandards, die in München inzwischen auch schon verabschiedet wurden. Unser Fokus bei der Formulierung dieser Standards lag auf der Frage, wie man heute Schulen bauen kann, die den aktuellen pädagogischen Bedingungen genügen und von denen man sicher ist, dass sie auch in 30 Jahren noch funktionieren. Wir haben in München das Lernhauskonzept entwickelt – ein pädagogisches Raumkonzept von dem wir glauben, dass alle Beteiligten davon profitieren – Lehrer/innen, Schüler/innen und auch Eltern. Dieses Lernhauskonzept wird jetzt seit einigen Jahren gebaut und auch die Innerschulische Struktur hat sich darauf ausgerichtet. Wir können heute schon Lernerfolge aufzeigen, die auf die Einführung des Lernhauskonzeptes zurückzuführen sind. Das Konzept wirkt, weil es einerseits architektonische Komponenten hat, aber auch organisatorische. Es verändert etwas auf der Beziehungsebene Schüler/innen-Lehrer/innen und es fördert die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme. Ob das Konzept auch auf Berlin übertragbar ist, dass haben wir uns in der der anschließenden Diskussion gemeinsam mit den Teilnehmer/innen der Veranstaltung gefragt und haben erste Skizzen gezeichnet.
München, Köln und Hamburg haben inzwischen mit ihren Schulbauleitlinien auf die gestiegenen Anforderungen reagiert, um trotz des großen zeitlichen Drucks einen Planungsrahmen für zukunftsfähige Schulbauten vorzugeben. Wie schätzen Sie die Schwierigkeit ein, dass der Schulträger Berlin als Bundesland und nicht als Kommune handelt?
Ein ganz entscheidender Punkt bei der Beschleunigung der Baumaßnahmen ist es, nicht mehr jedes einzelne Schulbauprojekt durch die politischen Gremien beschließen zu lassen und in jeder einzelnen Phase. Also in einem ersten Schritt das Raumprogramm, dann die Bauausführung, usw. In München wird inzwischen im Stadtrat über Bauprogrammbeschlüsse entschieden, die mehrere Projekte umfassen. Es kommen also keine Einzelbeschlüsse mehr auf den Tisch, sondern es wird ein Bauprogrammbeschluss verabschiedet, nach dem die Verwaltung dann arbeiten kann. Die Verfahren können dadurch sehr drastisch verkürzt werden. Der nächste Bauprogrammbeschluss, der für Anfang 2017 in München vorgesehen ist, wird annähernd 3. Milliarden Euro umfassen und ca. 60 Objekte stark sein. Das ist also noch einmal ein großer Beschluss. In den nächsten Jahren nähern wir uns dann allmählich der Kategorie 6-9 Milliarden. Der erste Bauprogrammbeschluss setzt voraus, dass die Projekte etwa bis 2020 fertig werden, der zweite setz einen Zeitrahmen bis 2021/2022, sodass wir in den nächsten 2-3 Jahren noch weitere Baubeschlüsse benötigen.
Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) reagierte auf die Forderungen mit einem Aktionsplan "Initiative Berliner Schulbau 2026". Laut Berichten der Berliner Morgenpost [1] sollen Elternvertretungen in einem partizipativen Prozess mit anderen Akteuren wie Schulvertretern und Architekten in einer "temporären Facharbeitsgruppe Schulraumqualität" über Raumgestaltungen, Standards und Qualität beraten. Die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe sollen dann in die Arbeit der vom Senat bestimmten "Task Force Schulbau" einfließen. So sollen in elf Modellprojekten Schulum- und -Neubauten in einer verkürzten Verfahrenszeit von 4,5 Jahren umgesetzt werden. Halten Sie dieses Ziel für realistisch? Und ist das Münchener Lernhauskonzept auch auf Bestandsschulen übertragbar?
Das Lernhauskonzept kann man natürlich auch im Bestandsbau einführen. Wir haben das in München auch bei Bestandsschulen umgesetzt. Natürlich muss man dabei die bauliche Substanz berücksichtigen z.B. den Denkmalschutz. Ein Umbau wird nie so aussehen wie ein Neubau, aber es ist tatsächlich denkbar, dass auch ein Altbau entsprechend umgestaltet wird. Besonders wichtig ist dabei, dass die Umgestaltung einer Bestandsschule räumlich auch den Ganztag für alle Kinder ermöglicht, die die Schule besuchen. Auch der Inklusionsaspekt muss erfüllt sein, um auch moderne Anforderungen abzudecken.
Sie halten es also für möglich, die Dauer des Verfahrens um die Hälfte zu reduzieren?
In Berlin dauert der Bau einer Schule im Durchschnitt 8-9 Jahre. Eine Reduzierung der Verfahrenszeit um die Hälfte – das muss möglich sein. Ob die Berliner dabei so einen Standard wie das Lernhauskonzept zugrunde legen, das kann ich nicht sagen. Auch hier wird man sich fragen müssen: Welchen Standard wollen wir setzen, wie wollen wir das gestalten? Denn ohne einen Standard wird diese Herausforderung nicht zu bewältigen sein.
[1] www.morgenpost.de/Eltern-sollen-bei-Schulplanungen-mitreden-koennen.de (14.06.2016); www.berliner-woche.de/senatorin-scheeres-gibt-plaene-fuer-schulsanierung-und-schulbau-bis-2026-bekannt.de (15.06.2016)
Bild: Lernhaus Gymnasium Ottobrunn
Architekten: Bernhard Heid Architekten BDA GbR
Foto: Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft
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Die neue deutsche Schulbauwelle: München
„Die Zukunft des Schulbaus liegt in der Gegenwart“
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Wer bietet mehr?
Woche um Woche gibt es neue Meldungen zum anstehenden Investitionsbedarf im Schulbau. Immer heftiger wird der Diskurs über die maroden Schulen, in der Hauptstadt liegen die Kostenschätzungen beispielsweise mittlerweile bei 5 Milliarden Euro.
Nachdem im jüngsten KfW-Kommunalpanel 2016 der geschätzte Finanzbedarf der Kommunen für Investitionen in die Infrastruktur der Bildungsbauten nochmals um 2 Milliarden Euro gestiegen ist – von 32 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf nunmehr 34 Milliarden Euro [1] – folgen nun weitere Wasserstandsmeldungen über die enormen Investitionsbedarfe aus den Bundesländern und großen Städten. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, wie seriös die Angaben der KfW Bank einzuschätzen sind.
So zeigt sich alleine schon bei den Stadtstaaten Hamburg und Berlin und in großen Städten wie Köln und München, dass hier Milliardenbeträge bereits als mit Sicherheit zu tätigende Investitionen beziffert werden, die es zu stemmen gilt. München beispielsweise streitet schon seit einem Jahr darüber, ob es nun 4, 5, 6 oder doch 9 Milliarden Euro sein werden, die bis 2030 in den Neubau oder die Sanierung von Schulbauten investiert werden müssen. Dabei hat man sich längst auf einen pädagogisch-baulichen konzeptionellen Rahmen verständigt, mit dem dieses Bauvolumen umgesetzt werden soll. [2]
Sanierungsprogramm in Berlin
Berlin streitet derzeit heftig über die Summen, die am besten schon gestern, mit Sicherheit aber in den nächsten Jahren in die Hand genommen werden müssen. Senat und Bezirke sind sich bisher nicht einig, die geschätzten Investitionssummen liegen aber irgendwo zwischen 5 und 6,5 Milliarden Euro. [3] Über einen definierten Rahmen mit einer inhaltlichen und baulich konzeptionellen Setzung muss in Berlin erst noch entschieden und abgestimmt werden. Beispiele bieten hier der „Planungsrahmen für pädagogische Raumkonzepte an Kölner Schulen“ [4] oder die Organisationsstruktur von SBH in Hamburg.
Zwei Milliarden Euro für NRW
Die zwei Milliarden Euro für die Erneuerungen von Schulgebäuden für das 17 Millionen Einwohner zählende Bundesland NRW, die gerade von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Investitionsprogramm "Gute Schule 2020" kommuniziert werden [5], nehmen sich da mit einer entsprechend großen Anzahl von Schulgebäuden eher bescheiden aus. Man darf wohl zu Recht vermuten, dass das nicht das Ende der Fahnenstange für NRW sein wird!
Es bleibt spannend, wie sich die Investitionen unter Zeit- und Kostendruck durch Verfahrensbeschleunigung zeitnah abwickeln lassen, ohne die notwendigen Zukunftsbedarfe an innovativen Schulbau vor lauter Beschleunigung über Bord zu werfen. Schulbauten, die im Rahmen althergebrachter eingeübter, gewohnheitsmäßiger Verfahren durch Sanierung, Neu- oder Umbau das alte Klassenraum-Flurschule-Modell der Vergangenheit durch Investitionen in den Schulbau der Zukunft fortsetzen, brauchen wir nicht! Nötig sind sinnvoll gestraffte Verfahren unter dem Anspruch, zukunftsfähige Schulbauten zu planen und zu bauen. Und Menschen auf allen Akteursebenen und in allen Akteursgruppen: Politiker/innen, Nutzer/innen, Planer/innen, Schul- und Hochbauverwaltungen, die verstehen – wir können 34 Milliarden Euro in wenigen Jahren verbauen, wir können sie aber im schlimmsten Fall wirklich verbauen. Unsere Zukunft des Schulbaus in Deutschland!
[1] www.kfw.de/KfW-Konzern/KfW-Kommunalpanel/
[2] Praxisbuch Münchener Lernhaus, Hrsg.: Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport: www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Bildung-und-Sport/Bildungsstadt/Impulse_Gestalten/Lernhauskonzept.html
[3] www.tagesspiegel.de/berlin/sanierungsbedarf-in-berlin-was-der-senat-gegen-marode-schulen-getan-hat/
[4] www.rundschau-online.de/region/koeln/koelner-schulen-die-lernlandschaft-ersetzt-das-klassenzimmer
[5] Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Interview mit dem WDR: www.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-westblick-interview. Zum Investitionsprogramm für den Schulbau in NRW: www.land.nrw/de/guteschule2020
Grafik: KfW-Kommunalpanel 2016: (Noch) keine Trendwende bei kommunalen Investitionen; Hg. KfW Bankengruppe; S. 9.
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Das Experiment: Ein Architekturwettbewerb innerhalb der Phase Null
In einem Wettbewerb in Deutschfeistritz sollen Architekt/innen Räume so entwerfen, dass Schule zu einem Zukunftslern- und Lebensort wird. Ein Schul(um)bauprojekt.
Ausgangspunkt ist das Schulzentrum in Deutschfeistritz, ein Gebäudekomplex, der drei Schulen mit insgesamt etwa 500 Schüler/innen und 60 Lehrenden umfasst. Hier hat das Büro nonconform aus Wien auf Basis der erarbeiteten Ergebnisse aus einem dreitägigen Ideenaustausch einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben.
Ideenwerkstatt
An einem Morgen um 11 Uhr treffen sich alle in der Schule – vom Bürgermeister über den Amtsleiter, den Schulleiter, interessierte Lehrer/innen, Jurymitglieder und teilnehmende Architekt/innen. Sie sind gekommen, um gemeinsam mehr über die Bauaufgabe, die Schule und deren Bedarfe an einen Um- bzw. Anbau herauszufinden. Schon während der Ideenwerkstatt vor Ort hatten alle außer den Architekt/innen drei Tage in der Schule verbracht und gemeinsam erarbeitet, wie ein zukünftiges Schulzentrum aus Volksschule, Neuer Mittelschule und Polytechnischer Schule in Deutschfeistritz aussehen kann. Dabei diskutierten die Beteiligten folgende Fragen: Was gibt es an der Schule inhaltlich und räumlich zu verbessern? Welche Aktivitäten kennzeichnen jetzt den Schulalltag? Wie wird in Zukunft dort gelernt und gelehrt? Auch die Schüler/innen haben ihre Zukunftsschule entworfen, Unorte und Wohlfühlorte kartiert und während der Ideenwerkstatt einiges an Material und Karten erarbeitet.
Wettbewerb
Die Ergebnisse dieses intensiven und hoch partizipativen Workshops bilden nun die Basis für den Architektenwettbewerb. Da in einem dreitägigen Workshop mit drei Schulen natürlich nicht endgültig alle Fragen geklärt werden konnten, beinhaltet die Ausschreibung eine gewisse Unschärfe. Gleichzeitig wird den Architekt/innen so viel Freiheit eingeräumt bei der Entwicklung eines Vorschlags für eine zukunftsfähige Schule. Der Wettbewerb ist somit Teil der Phase Null und dient dazu, das kreative Potenzial der Architekt/innen auszuschöpfen, um weitere Ideen für die Neuordnung und den Umbau des Schulzentrums zu generieren.
Ergebnispräsentation
In der ersten Stufe wurden acht ausgewählte Teams zu einem sogenannten Hearing ins Schulzentrum eingeladen. In dem eineinhalbtägigen Hearing werden die Ergebnisse der Ideenwerkstatt vorgestellt. Dabei steht aber nicht nur die Darstellung der Rahmenbedingungen im Vordergrund, es ist auch ein weiterer Klärungsschritt im Prozess, an dem die Architekt/innen nun teilnehmen. Viele Fragen haben sich schon während der intensiven Arbeitsphase geklärt, andere müssen noch beantwortet werden und viele werden vorerst offen bleiben. Der Wettbewerb mit Hearing und Jurysitzung ist fester Bestandteil des partizipativen Prozesses, der von drei Parteien moderiert wird: einer inhaltlichen-schulbezogenen (Michael Zinner, schulRAUMkultur), einer technisch-geschäftlichen (Martin Rock, Laubreiter, Bauingenieur Ziviltechniker GmbH) und einer kommunikativ-methodischen Projektsteuerung (Roland Gruber/Caren Ohrhallinger/Andrea Kessler, nonconform, Wien).
Mittlerweile hat die Jurysitzung stattgefunden und das Preisgericht, dem auch die Schulleitungen angehörten, hat sich für einen Entwurf entschieden. Am 12.September 2016 wird das Gewinnerprojekt präsentiert. Die Wettbewerbsarbeiten werden dann bis zum 30. September 2016 im Sitzungssaal der Gemeinde Deutschfeistritz ausgestellt. Nach Schulanfang im September werden die weiteren Planungsphasen partizipativ mit der Schulgemeinschaft und der Kommune in Angriff genommen.
Weitere Informationen zum Wettbewerb in Deutschfeistritz und zum Konzept der Ideenwerkstatt:
www.schulzentrum-umbauen.at
Grafik: nonconform ideenwerkstatt
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Inklusion sucht Raum: Schulentwicklung in fünfzehn Portraits
Das Buch "Inklusion sucht Raum" geht aus pädagogischer Perspektive der Frage nach, welche Bedeutung der Schularchitektur in Bezug auf die Nutzung der Räume bei der Umsetzung von Inklusion zukommt.
„Inklusion sucht Raum“, 2015 im hep Verlag erschienen, gliedert sich im Hauptteil in 15 Schulportraits, die sich mit der Frage der Umsetzung von Inklusion infolge der Unterzeichnung der UN- Behindertenrechtskonvention auseinandersetzen und damit aktuelle Schulentwicklungen in Bildungseinrichtungen aufgreifen.
Das Buch bezieht sich allein auf die Umsetzung von Inklusion im Regelschulsystem in Bezug auf Schüler/innen mit Behinderungen. Das internationale Verständnis inklusiver Bildung – das muss vor dem Hintergrund der spezifischen Verengung des Inklusionsbegriffs im deutschen Diskurs betont werden – ist dagegen umfassend, also nicht nur auf die Thematik der Beschulung von Schüler/innen mit Behinderungen ausgerichtet: Inklusive Bildung, das heißt jede/n einschließende und damit keine spezifische Gruppe ausschließende, für jede/n offene, frei zugängliche gleichberechtigte und hochwertige Bildung.[1]
Einleitend wird die Frage nach Schulraum und Schulqualität im Kontext von Inklusion formuliert. Die im Hauptteil dargestellten Schulen werden dann abschließend anhand dieser Fragestellung zusammenfassend kommentiert und eingeordnet. Das Schlusskapitel „Inklusion und Raum – eine Suchbewegung in schwierigem Gelände“ kündigt dabei schon im Titel an, dass die Lesenden vermutlich enttäuscht werden in ihrer Erwartung konkreter Antworten auf diesen komplexen Zusammenhang. Vielmehr wird hier eine Spurensichtung und Bestandsaufnahme vorgenommen. Tatsächlich wirft das abschließende Kapitel vielmehr Fragen auf, als dass es gesicherte Befunde darstellt. Der Herausgeber Wolfgang Schönig bezeichnet die Ergebnisse seiner Studie selbst als „Zwischenergebnisse“ in einem langen Prozess, denn: „Auch der vergleichende Blick auf die Schulportraits lässt es keineswegs zu, die Frage nach dem optimalen inklusiven Schulraum mit ein paar wenigen Federstrichen zu beantworten.“ [2]
Die von verschiedenen Autoren verfassten Schulportraits folgen keiner einheitlichen Gliederung. In der für jedes Schulportrait individuellen Darstellungsform zeigt sich, dass uns noch allgemeingültige Kriterien und Richtlinien fehlen, um Raum und Inklusion so zu „messen“ und zu beschreiben, dass alle an der Planung von inklusiven Schulbauten beteiligten Disziplinen, Akteur/innen und Nutzer/innen, Planer/innen, Politik und Verwaltung gleichermaßen angesprochen werden.
So beschreibt dieser Band die unterschiedlichen Wege, die Pädagog/innen in den verschiedenen Bildungseinrichtungen gefunden haben, um der Inklusion behinderter Schüler/innen in ihrer Regelschule in Bezug auf Raumfragen gerecht zu werden. Für Schulen, die sich selbst mit dieser Frage schon beschäftigen haben, bieten die Portraits eine Fundgrube dafür, welche Bedeutung der Raum in Bezug auf Umsetzungsaspekte hat. Hier findet sich in den Darstellungen der einzelnen Schulen viel Anregungspotential, das darauf hin geprüft werden kann, was davon für die eigene Situation passend und zuträglich und damit adaptierbar ist. Profitieren kann von diesen Ausführungen jeder, der mit einer offenen Lesehaltung an das Buch herangeht. In dem Gefühl, sich beim Eintauchen in die Schulportraits auf einer Exkursion mit Blick über den eigenen Tellerrand zu befinden, stellen sich in Bezug auf die beschriebenen Schulen folgende Fragen [3]:
• Welches Problem soll mit dieser Lösung angegangen werden?
• Wo liegt im Detail der Unterscheid zu meiner Schule?
• Welche Nachteile und Risiken sind mit dieser Lösung für unsere Schule vielleicht verbunden
• Welche zusätzlichen Informationen benötige ich eventuell?
Da der Schwerpunkt klar auf kleinen Maßnahmen in Bestandsgebäuden liegt, portraitiert das Buch nur wenige innovative Neubauvorhaben. Dargestellt sind hier eher exemplarische Lösungsansätze, die im Kontext von ähnlichen Fragestellungen zur Beschulung von Schüler/innen mit Behinderungen im eigenen Gebäude anregend sein können.
Dabei ist es durchaus irritierend, dass unter dem formulierten Hauptaspekt des Buches auch mehrere Förderschulen porträtiert werden. Denn die gegenwärtig drängende Frage für viele Schulen und Schulträger sind die Anforderungen an den Schulraum in Regelschulen, wenn bei steigenden Inklusionsanteilen mehr Schüler/innen mit besonderen Bedarfen in die Regelschulen kommen.
Architekt/innenen und Planer/innen seien bei der Lektüre vorgewarnt: Das im Buch verwendete Fotomaterial ist dezidiert mit der Brille und aus dem Blickwinkel von Pädagog/innen aufgenommen worden und unterscheidet sich von dem in jenen Disziplinen gewohnten Blickwinkel und Ansprüchen an Bildqualitäten erheblich.
Wolfgang Schönig, Christina Schmidtlein-Mauderer (Hrsg.): Inklusion sucht Raum. Porträtierte Schulentwicklung, Bern 2015.
[1] Vgl.: Vereinte Nationen, Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (www.bmfsfj.de/agenda-2030,property.pdf)
[2] Raum und Inklusion, S. 316.
[3] Folgende Fragen finden sich in ähnlicher Formulierung in: Schulen planen und bauen; Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Montag Stiftung Urbane Räume (Hrsg.), Berlin/Seelze 2012; S. 194.
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Kölner Schule: Neue Typologien im Bildungsbau
Beim BDA Montagsgespräch am 29. August ging es um neue Typologien im Kölner Bildungsbau. Im Fokus standen die Schulbauprojekte BAN, Helios Grund- und Gesamtschule und das Erzbischöfliche Berufskolleg in Köln-Sülz.
Unter dem Titel »Kölner Schulen: Neue Typologien im Bildungsbau« stellten Judith Kunsch (3pass), Gernot Schulz (gernot schulz : architektur) und Norbert Meis (Schilling Architekten) im Rahmen der BDA-Reihe »Montagsgespräch« drei Kölner Schulbauprojekte aus Sicht der planenden Architekten vor. Alle drei Architekturbüros hatten sich im ausgeschriebenen Wettbewerb durchsetzen können. Vorausgegangen war den Wettbewerben zu den Schulbauprojekten der Bildungslandschaft Altstadt Nord (BAN) [1] und der Helios Grund- und Gesamtschule [2] eine Phase Null: Die Ausarbeitung dieses prototypischen Beteiligungskonzeptes in der Phase Null hatte die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft initiiert und begleitet. Auch in den weiteren Planungsphasen sollen alle am Schulbau beteiligten Akteur/innen (Architekt/innen und Planer/innen, Stadt- und Schulverwaltungen, Pädagog/innen und Lehrer/innen, Eltern und Schüler/innen) den Prozess partizipativ begleiten. Im Anschluss an die Projektpräsentationen diskutierten die Architekt/innen auf dem Podium mit Dr. Agnes Klein vom Dezernat für Bildung, Jugend und Sport der Stadt Köln.
Herausforderung Brandschutz
Ein heiß diskutiertes Thema an diesem Abend war der Brandschutz: Mit Blick auf die Anforderungen an zukunftsfähige Schulbauten als Lern- und Lebensort stellt der Brandschutz als limitierender Faktor für zukunftsorientierte Lernkonzepte eine besondere Herausforderung für die planenden Architekt/innen dar. So bezeichnete Dirk Asendorpf kürzlich in der Zeit [3] den Brandschutz als „Diktatur der Feuermelder“, der „Schulen wie Strafanstalten aussehen“ ließe und Baukosten in die Höhe treibe. Dabei seien die in Gesetzen, Verordnungen, Normen, Regeln und Ausnahmeregeln festgelegten Brandschutzauflagen an vielen Stellen schwammig und widersprüchlich und werden derzeit häufig durch individuelle Risikobetrachtungen gelöst.
Neue Richtlinien für den Schulbau
Architekt Gernot Schulz lobte die Partner beim Brandschutz im Projekt der BAN, betonte aber zugleich die Schwierigkeit, aufgrund der Brandschutzrichtlinien bereits in der Planung auf verständige Gutachter angewiesen zu sein. Das Schulhaus als Lernlandschaft entspricht heute nicht mehr dem klassischen Raumverständnis einer Klassenraum-Flur-Schule, auf die der Brandschutz noch immer ausgerichtet ist. Ermutigend sei es da, „dass das BAN-Projekt als eines von mehreren Referenzprojekten dazu geführt hat, dass man jetzt landesweit an einer Erneuerung der Schulbau Richtlinien arbeitet“ so Schulz. „Dort, wo erfolgreiche Lösungen gefunden worden sind, wird nun auch Wissen weitergegeben. Die verschiedenen Kommunen setzen sich auf Landesebene zusammen und diskutieren über einen neuen Schulbau.“
So hatte auch die Stadt Köln, wie Dr. Agnes Klein berichtete, auf die großen Herausforderungen im Schulbau reagiert und bereits im Mai 2016 einen neuen Planungsrahmen für pädagogische Raumkonzepte an Kölner Schulen im Senat beschlossen. [4]
Studie Brandschutz
Mit dem Forschungsprojekt »Brandschutz im Schulbau: Schutzbedürfnis versus Lernlandschaft« engagieren sich derzeit mehrere Institutionen (darunter die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Technische Hochschule Kaiserslautern, der Bund Deutscher Architekten BDA, die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen und die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft) anwendungsorientierte Empfehlungen für den Brandschutz zu formulieren, um einen zeitgemäßen und nachhaltigen Schulbau für die anstehenden Bau- und Sanierungsaufgaben zu ermöglichen und zu fördern. Die Studie soll Problemlagen analytisch erfassen, Lösungsoptionen untersuchen und Handlungsempfehlungen darstellen. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes erscheinen voraussichtlich Ende 2016.
[1] Mehr zum Projekt Bildungslandschaft Altstadt Nord:
www.rundschau-online.de
www.schulen-planen-und-bauen.de/bildungslandschaft-altstadt-nord
[2] Mehr zum Projekt Helios Grund- und Gesamtschule:
www.schulen-planen-und-bauen.de/heliosschule-in-koeln/
[3] www.zeit.de/2016/29/brandschutz
[4] Erscheint im September 2016 in 2. Auflage:
www.ratsinformation.stadt-koeln.de
BDA | Montagsgespräch: Kölner Schule
Bereits im Oktober 2015 hatten im Rahmen der BDA-Reihe »Montagsgespräch: Kölner Schulen« Dr. Agnes Klein, Rainer Schweppe, ehem. Stadtschulrat der Stadt München, Monika Daun (Frencken Scholl Architekten Maastricht) und Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft zum Thema »Die Zukunft des Schulbaus liegt in der Gegenwart« diskutiert. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier: www.schulen-planen-und-bauen.de
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Schulbau in Sachsen: Schulbaukonferenz und Ausstellung im Haus der Architekten
Anlässlich der Schulbaukonferenz Sachsen 2016 ruft die Architektenkammer zur Teilnahme an der parallel stattfindenden Schulbau-Ausstellung auf.
Was ist Schule? Und was macht sie aus uns allen? Wer definiert, was eine Schule ist? Reicht ein Raumprogramm aus, um eine Schule zu planen oder braucht es dazu mehr? Wie werden wir durch unsere Schule geprägt?
Mit diesen Fragen ruft die Architektenkammer Sachsen ihre Mitglieder zur Teilnahme an der Schul-KON-Ausstellung auf, individuelle Ideen und Eindrücke rund um das Thema Schulbau einzureichen:
Gesucht werden Fotos von selbst entworfenen oder sanierten Schulbauten und anderen Bildungseinrichtungen wie Kitas oder Hochschulen und Impressionen von Orten, an denen außerschulisches Lernen als Teil des Lehrprogramms z. B. in Form von Projekten stattfindet.
Die Ausstellung soll zu kreativ-konstruktiven Gesprächen zur Förderung individueller Ideen rund um das Thema Schulbau anregen und Teilnehmenden und Gästen einen Gegen-Denkraum zu der Technokratisierung und Optimierung der Lehrprogramme und Lehrkonzepte eröffnen.
Die Schul-KON-Ausstellung wird zur Vertreterversammlung der Architekten am 18. November 2016 im Haus der Architekten eröffnet, Anfang 2017 wandert die Ausstellung dann in die Kammerbüros Chemnitz und Leipzig.
Die Schulbaukonferenz Sachsen findet vom 9.-10. Dezember 2016 im Haus der Architekten in Dresden statt. Weitere Informationen zur Konferenz und zur Schulbau-Ausstellung finden Sie hier:
www.aksachsen.org
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Pilotprojekte Schulen planen und bauen: Auftakt der Phase Null in Gelsenkirchen
Mit Schulbegehungen, Interviews, Planungsgruppengesprächen und einem ersten ganztägigen Workshop hat die Phase Null an der Glückaufschule Ückendorf in Gelsenkirchen schnell Fahrt aufgenommen, denn – die Motivation vor Ort ist hoch.
Die Glückaufschule Ückendorf in Gelsenkirchen ist auf den ersten Blick eine Schule wie viele andere auch: ein altehrwürdiges Schulgebäude, das in erster Linie vom Charme vergangener Zeiten lebt, aber heute kaum noch zeitgemäße Lern- und Arbeitsbedingungen bietet. Der Modernisierungsbedarf ist unübersehbar und schon jetzt, ohne die geplante Zusammenlegung mit dem ca. 1 km entfernten Zweitstandort Parkstraße, ist das Gebäude an der Stephanstraße deutlich zu klein. Es fehlen Bereiche für die innere und äußere Differenzierung. Schulleitung und Schulsekretariat teilen sich einen kleinen Raum im ersten Obergeschoss und sind für Besucher/innen nur schwer auffindbar. Der Hausmeister arbeitet in einem fensterlosen Raum im Kellergeschoss, der Haupteingang befindet sich auf der rückwärtigen Seite des Gebäudes, unmittelbar neben den Toilettenanlagen. Barrierefreiheit ist an nahezu keiner Stelle gegeben. Das offene Treppenhaus im Zentrum des Gebäudes, das in vergangenen Zeiten sinnbildlich für so etwas wie Empfangskultur gestanden haben mag, steht heute eher für Hitze, Lärm und Hektik des Schulalltags. Im Grunde fehlen die räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige, inklusive Grundschule. Trotz dieser widrigen Bedingungen arbeiten Schulleitung und Personal mit großem Engagement, um den pädagogischen Auftrag der Schule in einem ohnehin anspruchsvollen sozialräumlichen Umfeld bestmöglich zu erfüllen.
Ganztägige Planungswerkstatt
Mit dem gleichen Engagement ist die Schule nun auch sehr schnell in die gemeinsame Phase Null zur Neukonzeption des Schulstandorts eingestiegen. Nach ersten Begehungen, Gesprächen und Interviews fand am 19. September die erste ganztägige Planungswerkstatt mit fast 40 Teilnehmenden statt. In Arbeitsgruppen diskutierten Lehrende, Mitarbeiter/innen der Offenen Ganztagsschule OGS, Eltern, Schulleitung und Mitarbeiter/innen der Verwaltung aus dem Bereich Schule, Hochbau und Stadtentwicklung über die künftige pädagogische Organisation der Schule. Im Fokus standen dabei mögliche Ganztagsmodelle, das künftige Schulprofil und die verschiedensten Qualitätsanforderungen an das neue Schulgebäude. Dabei haben sich bereits erste Denkrichtungen für die künftige Entwicklung der Glückaufschule identifizieren lassen, die für das neue Gebäude von Bedeutung sein werden. Die gegenwärtig strikte Trennung der Systeme „Schule“ und „OGS“ – vormittags Unterricht, nachmittags Betreuung – erschien den Teilnehmenden verbesserungswürdig. Sinnvoller könnte es sein, Unterricht, freie Zeiten und freie Angebote zeitlich und räumlich stärker miteinander zu verzahnen. Zumal die singuläre Nutzung von Unterrichtsräumen, die nur vormittags belegt sind, und Betreuungsräumen, die erst ab mittags gebraucht werden, bei einem begrenzten Raumangebot nicht besonders effizient ist. Eine Veränderung der gegenwärtigen Praxis würde jedoch nicht auf „mehr Unterricht“ zielen, sondern in erster Linie auf „mehr Zeit“ mit den Kindern und für die Kinder: Zeit, die von den Kindern für freies Spielen in Gruppen und für längere, effektivere Pausen genutzt werden kann; mehr Zeit aber auch für das pädagogische Personal, um Kinder etwa beim Spracherwerb besser unterstützen zu können.
Überlegungen zum Schulprofil
In den Gesprächen zur Neu-Bildung des Schulprofils wurde mehrfach die große Heterogenität des Stadtteils thematisiert. In Ückendorf existieren zweifelsohne Bereiche mit Armutsproblemen, daher hat der Stadtteil auch eine langjährige Tradition in punkto Stigmatisierung und schlechtes Image. Es wäre jedoch verfehlt, den gesamten Stadtteil als sozial benachteiligt oder unisono als „sozialen Brennpunkt“ zu bewerten. Das gilt in ähnlicher Weise für die Einzugsbereiche der derzeitigen Schulstandorte. Die Glückaufschule ist mit ihren beiden Standorten schon jetzt eine Schule des vielfältigen sozialen und kulturellen Miteinanders. Mit der räumlichen Zusammenlegung wird sich dies weiter verstärken; zu berücksichtigen sind daher ausreichend bemessene Bereiche – und Gelegenheiten – für noch mehr Gemeinschaftlichkeit im Schulalltag.
Industriewaldschule?
Der nahe gelegene Industriewald spielt für das Schulleben eine wichtige Rolle. Er verweist nicht nur, wie bereits der Name der Schule, auf die vom Bergbau geprägte Geschichte Ückendorfs, sondern hat sich mit der dort entstandenen Forststation zu einem wichtigen außerschulischen Lernort entwickelt. Manche Klassen nutzen den Wald sogar für den Sportunterricht, weil er schnell zu erreichen ist und Sport und Bewegung im Wald um einiges interessanter und abwechslungsreicher sein können als das Sprint- und Wurftraining auf einem Sportplatz. Ob die Schule nun, wie in der Werkstatt diskutiert, explizit das Profil einer Waldschule entwickelt oder nicht: Die Schule möchte den Industriewald Rheinelbe künftig noch intensiver in den pädagogischen Alltag einbeziehen. Daraus werden sich entsprechende räumliche Anforderungen ergeben, zum Beispiel die Bereitstellung einer Hütte bzw. eines Bauwagens im Wald oder die Einrichtung eines Fachraums „Industriewald“ im künftigen Schulgebäude.
Nächste Schritte
Die nächsten Workshops finden bereits in der ersten Oktoberwoche statt. Alle Schüler/innen der 4. Klassen werden an zwei Tagen zu ausgewählten Aspekten des künftigen Gebäudes arbeiten. Darüber hinaus sind Akteur/innen aus dem Stadtteil eingeladen, gemeinsam Ideen und Vorstellungen über die Rolle des künftigen Gebäudes im Stadtteil zu entwickeln.
Britta Grotkamp ist freie Pädagogin und Mitglied im Verein JAS – Jugend Architektur Stadt e. V. Päivi Kataikko-Grigoleit ist Architektin und Vorsitzende von JAS – Jugend Architektur Stadt e. V. Gemeinsam mit Dirk E. Haas führt sie das Planungsbüro REFLEX architects_urbanists, das sich bevorzugt mit Aufgaben und Projekten an der Schnittstelle von Bildung, Architektur und Stadtplanung befasst. Britta Grotkamp und Päivi Kataikko-Grigoleit begleiten als Schulbauberaterinnen-Team im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft das "Pilotprojekt Inklusive Schulen planen und bauen" an der Glückaufschule in Gelsenkirchen.
Foto: Glückaufschule Gelsenkirchen, Hofansicht. REFLEX / Dirk E. Haas
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Fachkongress Campus Efeuweg – Überprüfen und Weiterentwickeln des Masterplans
Beim Kongress »Bildungscampus Efeuweg – Pädagogisches Bauen in der wachsenden Stadt« in Berlin diskutierten alle Interessierten aus dem Kontext Schule, Quartier, Stadtplanung, Politik und Verwaltung das Konzept der entstehenden Bildungslandschaft.
Am Freitag, den 9. September in der Mensa der Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg saßen alle Beteiligten an einem Tisch, um den Masterplan zur Bildungslandschaft gemeinsam zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Eingeladen waren alle Interessierten und Akteur/innen: Lernende, Pädagog/innen, Architekt/innen, Stadtplaner/innen, Anwohner/innen, Menschen aus Politik und Verwaltung. In Plenumsvorträgen und in sieben Arbeitsgruppen tauschten sich die Teilnehmenden zu unterschiedlichen Themen aus: Zu den Räumlichkeiten eine Schule im 21. Jahrhundert, zu Orten für die Nachbarschaft auf dem Bildungscampus, zur Identifikation und Aneignung von Orten auf dem Campus durch Jugendliche, zu Grenzen und Übergängen sowie zum Profil der Bildungslandschaft.
Der Workshop 8 „Profil einer Bildungslandschaft“ wurde geleitet von Barbara Pampe, Projektbereichsleitung Pädagogische Architektur bei der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft und Petra Christiansen, Leiterin des Oberstufenzentrums Lise-Meitner. Anhand der Fragestellung, wie Integration in der Bildungslandschaft inhaltlich und räumlich gelingen kann, entwickelten die Teilnehmenden zahlreiche konzeptionelle Ideen. Den Bildungscampus Efeuweg zeichnet schon jetzt ein starkes Profil mit dem Schwerpunkt auf Wissenschaft und Kultur aus. Um diesem Fokus gerecht zu werden und gleichzeitig eine Einbeziehung der Bewohner/innen des Stadteils zu erreichen, wurde von den Workshopteilnehmenden ein ungewöhnlicher Vorschlag erarbeitet: Das Sportfeld des degewo-Stadions soll künftig in ein Kartoffelfeld umgewandelt werden. Der Gedanke dahinter war es, ein Praxisexperimentierfeld für die Schüler/innen zu schaffen und das Feld als Garten für die Nachbarschaft zu nutzen.
Anwesend waren auch Berliner Politiker/innen – Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel stellten sich in einer Podiumsdiskussion Fragen von Schülerinnen des Oberstufenzentrums Lise-Meitner.
Bildungscampus Efeuweg – räumliche und pädagogische Ausgangslage
Die Bildungslandschaft Efeuweg [1] liegt am Rande der Gropiusstadt, einer klassischen Großsiedlung des Sozialen Wohnungsbaus der Nachkriegsmoderne. Die soziale Struktur ist geprägt durch eine große Heterogenität der Herkunftsländer, Kulturen und sozialen Milieus. Für die Kinder und Jugendlichen der Gropiusstadt ist Bildung eine Chance, soziale Hindernisse zu überwinden und in der Gesellschaft erfolgreich anzukommen. Der Bildungscampus umfasst die Einrichtungen der Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg, das Oberstufenzentrum Lise Meitner, die Evangelischen Kindertagesstätte „Dreieinigkeit“, den Jugendclub UFO, das Kombibad Gropiusstadt und das Degewo-Stadion. 2010 ist das Projekt gestartete. Mit dem hohen Anspruch, im Sinne einer gelebten Inklusion alle Beteiligten und Betroffenen einzubeziehen, stellen sich die beteiligten Institutionen gemeinsam mit Anwohner/innen, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, Politik und Verwaltung den Themen und Fragestellungen einer zukunftsorientierten Bau- und Stadtentwicklung.
Seit 2014 gibt es einen Masterplan vom Architekturbüro kleyer.koblitz.freivogel [2], der die Grundlage für weitere Planungen bildet. Lösungsansätze und Ideen wurden vorher schon in Workshops mit den Akteur/innen vor Ort und Studierenden und Mitarbeiter/innen der Technischen Universität Berlin und der Bauhaus Universität Weimar erarbeitet [3].
Das Projekt verspricht ein über die Stadtgrenzen hinaus spannendes und innovatives Projekt zu werden. Vor allem in Hinblick auf den Prozess und die sich ständig weiterentwickelnden Ideen und die gemeinsame Überprüfung des schon Entwickelten mit allen beteiligten Akteur/innen. Wir freuen uns auf die Umsetzung und die dann gelebte Bildungslandschaft!
Der nächste Workshop zum Thema »Forum und Wege auf dem Campus Efeuweg - wie wird es Ihr Campus?« mit den Nutzer/innen und der Nachbarschaft findet schon am 10. Oktober statt. Weitere Informationen zum Fachkongress:
www.campus-efeuweg.deSchulbau Berlin
[1] www.campus-efeuweg.de
[2] www.campus-efeuweg.de/Masterplan-2014.pdf
[3] www.akademie-einer-neuen-gropiusstadt.de/EFEUWEG-Reader.pdf
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Lernlandschaften statt Klassenzimmer: Anreize für innovative Gestaltungskonzepte
„Das alte Modell der Klassenräume war lange erfolgreich, es hat sich als mentales Muster in den Köpfen festgesetzt.” Warum ein Umdenken so schwer fällt, erklärt Karl-Heinz Imhäuser im Gespräch mit E&W. Ein Interview.
Herr Imhäuser, viele Schulgebäude stammen noch aus der Kaiserzeit. Den Anforderungen an eine demokratische, inklusive Bildung werden sie kaum gerecht. Warum werden trotzdem noch etwa 90 Prozent der Schulneubauten im alten Stil errichtet?
Das alte Modell der Klassenräume war lange erfolgreich, es hat sich als mentales Muster in den Köpfen festgesetzt. Wahrscheinlich fällt ein Umdenken auch deshalb so schwer. Aber mit der alten Idee von Raumgestaltung und Klassen von 60 Quadratmetern kommen wir heute nicht mehr weit. Damals war die zentrale Bildungsidee die homogene Lerngruppe in einer Klasse. Punkt. Heute haben wir es zunehmend mit heterogenen Lerngruppen jenseits des Klassenverbandes zu tun. Es gibt Lernbüros, selbstorganisiertes Lernen, flexible Stundenpläne, Projekte. Dafür brauchen wir dringend andere Lernumgebungen.
Das heißt?
Eine zeitgemäße Schule braucht größere Flächen, auf denen sich die unterschiedlichen Lerngruppen variabel je nach Thema und Lernphase organisieren können. In Skandinavien verzichten manche Schulen bereits ganz auf Klassenzimmer. Stattdessen haben sie Lernlandschaften von 600, 800 Quadratmetern. Auf dieser Fläche gibt es „Stilleräume“ ganz aus Glas, in denen die Schülerinnen und Schüler einzeln konzentriert an Themen arbeiten können. Es gibt „Kommunikationszonen“ mit Kaffeebar und Wasserkocher zum Plaudern, „Lernräume“ für Dreier-, Vierer- oder Achtergruppen, akustisch abgeschirmte Boxen mit bequemen Sitzen, in denen sich Jugendliche locker zu Debatten zusammensetzen können, ohne andere Lernende zu stören. Akustikelemente an den Decken, Lamellensysteme, schalldämmende Materialien sorgen dafür, dass es nicht zu laut wird.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen inklusiven, zukunftsfähigen Schulneubau planen?
Als Erstes müssen wir natürlich schauen, für wen die Räume überhaupt da sein sollen. Mit welcher Schülerklientel haben wir es zu tun? Welche Lernmöglichkeiten benötigt der inklusive Unterricht am Ort? Was ist für eine Ganztagsschule notwendig? Lange hat man dafür zum Beispiel einfach Nachmittagsräume dazu gebaut – obwohl nachmittags ja die Vormittagsräume leer stehen. Doch mehr ist nicht automatisch besser. Bei der Planung müssen wir daher immer wieder fragen: Wie können wir Räume so gestalten, dass sie für mehrere Gruppen und Zwecke zu nutzen sind? Beispiel Flüchtlingsklassen. Brauchen wir dafür wirklich zusätzliche Räume oder können wir sie in die bestehenden Gebäude integrieren? Es wird da vorschnell viel Unsinniges gebaut.
Wie kann sich die Schule auch nach außen öffnen? In die Stadt, das Quartier?
Indem man die Kommunen schon in der Planungsphase einbezieht. Die Brede Schools in den Niederlanden machen das vor. Beratungszentren oder Bibliotheken werden dort von Anfang an in Schulgebäuden eingeplant. Auch in Deutschland sollten wir die Schulen endlich für das Quartier öffnen. Die inklusive Universitätsschule in Köln zum Beispiel, die gerade in Planung ist, versucht das jetzt. Sie integriert kleine Hörsäle in das Schulgebäude, damit Professoren der Hochschule Vorträge für Oberstufenschüler und Bewohner aus dem Viertel halten können.
Kommt in die Bildungsarchitektur überhaupt langsam etwas Bewegung?
Ich bin da skeptisch. Sicher, es rollt eine Schulbauwelle auf uns zu, wie in den 1970er-Jahren. Laut KFW-Bank müssen in den kommenden Jahren 34 Milliarden in den Schulbau investiert werden. München, Hamburg, Leipzig, in allen großen Kommunen wird gerade massiv gebaut. Vor fünf Jahren noch waren wir überzeugt, dass wir mit Umbauten hinkämen. Das hat sich völlig geändert.
Wodurch?
Zum einen durch den massiven Zuzug in die Städte. Allein Berlin muss bis 2024 76 000 neue Schulplätze aus dem Boden stampfen. Zum anderen durch die hohen energetischen Vorgaben und die strengeren Brandschutzbestimmungen für Schulgebäude. Da ist es oft billiger, neu zu bauen, als die Betonklötze aus den 70ern zu sanieren. Ich fürchte, dieser enorme Handlungsdruck beschert uns wieder hektisch zusammengeschusterte Billigmodelle, Klassenraumschulen, Container. Bestenfalls zehn Prozent der Schulneubauten bis 2020 werden in Deutschland innovativen Plänen folgen.
Was tun?
Wir brauchen kluge Anreizsysteme. Wenn Kommunen etwa die Vergabe der Gelder an innovative Gestaltungskonzepte knüpften, geriete sicher einiges in Bewegung.
Das Gespräch mit Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, führte Anja Dilk für die Zeitschrift “Erziehung und Wissenschaft”.
E&W – Erziehung und Wissenschaft, September 2016; S. 12-13.
Weitere Informationen zum Heft finden Sie hier:
www.gew.de/lernlandschaften-statt-klassenzimmer
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5 bis 9 Milliarden sind die Grössenordnung möglicher Bundesförderung für schulische Infrastruktur
Die beiden Regierungsparteien der großen Koalition überbieten sich derzeit in den in Aussicht gestellten Milliardensummen an Infrastrukturmitteln für die (digitale) Zukunft der Schulen in Deutschland.
Im Berliner Tagesspiegel, als Aufmacher auf der Seite Zwei [1], ging es am Mittwoch um die Frage des Tages – um das von Bundesbildungsministerin Wanka verkündete 5-Milliarden-Investitionsprogramm in Digitale Infrastruktur bis 2021, die sogenannten „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ [2].
Dem vorausgegangen war in der vorletzten Woche ein Parteitagsbeschluss der SPD: „Eckpunkte für ein Programm zur Modernisierung der schulischen Bildung in Deutschland 2017 bis 2021“. Darin wird eine gemeinsame Kraftanstrengung im Rahmen einer nationalen Bildungsallianz von Bund, Ländern und Kommunen gefordert:
„Die Kompetenz in der Schulpolitik liegt im Rahmen unserer bundesstaatlichen Ordnung bei den Ländern, Schulträger sind im Regelfall die Kommunen. Angesichts der genannten Herausforderungen und der durch die Schuldenbremse limitierten Finanzierungsmöglichkeiten braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung im Rahmen einer nationalen Bildungsallianz von Bund, Ländern und Kommunen.“[3]
Im Rahmen dieser Allianz sollten unter anderem schwerpunktmäßig folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Der Bund stellt ein Programm zur Schulmodernisierung für den Zeitraum von 2017 bis 2021 mit zusätzlich 9 Milliarden Euro zu Verfügung.
- Diese Mittel sollen vorrangig in Verbindung mit den Mitteln von Ländern und Kommunen zur Sanierung und Modernisierung von Schulen, zur digitalen Ausstattung der Schulen, zum Ausbau der sportlichen, kulturellen und sozialen Angebote und zum Ausbau von Ganztagsschulen eingesetzt werden
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Investitionsprogramme im Schulbau – Eine never-ending story?
NRW hat es schon: Ein Sonderinvestitionsprogramm für Sanierungs- und Baubedarfe an Schulen. Nun soll es eine Grundgesetzänderung geben, damit der Bund jenseits des Kooperationsverbots in die Förderung der Schulbauinfrastruktur einsteigene kann.
Der Bund steigt mit Milliarden in die Schulbauförderung ein – und erfüllt damit unerwartet schnell lang gehegte Wünsche. Länder wie Nordrheinwestfalen waren schon im Sommer vorgeprescht. Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin von NRW wird zitiert, sie habe „den Finanzminister gebeten, zusammen mit der NRW.BANK ein kommunales Investitionsprogramm zu entwickeln das sicherstellt, dass für unsere Städte und Gemeinden in den kommenden 4 Jahren insgesamt 2 Milliarden Euro – also von 2017 jedes Jahr 500 Millionen Euro – für die Renovierung der Gebäude und Klassenzimmer und auch den digitalen Aufbruch Schule 4.0 bereitstehen.“ [1]
Die Kommunen bekommen das Geld zinslos und ohne Hinzugabe von Eigenmitteln vom Land zur Verfügung gestellt. Leider ist das Förderprogramm der NRW.BANK, das Anfang 2017 starten soll, wenig präzise gefasst: Die Verwendung der Mittel wird nicht an zukunftsfähige Lernraumtypologien geknüpft. Hier hätte man sich vom Land NRW eine Pilotfunktion gewünscht, indem ein effektives Anreizsystem die Vergabe der Mittel zwingend an die bauliche Umsetzung zukunftsfähiger Lernraumorganisation für pädagogische Raumprogramme bindet. Um welche Raumkonzepte es dabei gehen könnte zeigt beispielhaft der „Planungsrahmen für pädagogische Raumkonzepte an Kölner Schulen“. [2]
Nun bleibt zu hoffen, dass die Bundesebene hier klug agiert und bei der Vergabe der Mittel nicht ausnahmslos alles bezuschusst, wie im NRW Förderprogramm angekündigt: Von der Renovierung der Gebäude und Klassenzimmer bis zum „digitalen Aufbruch Schule 4.0“, von neuen Fenstern und der Sanierung kaputter Toiletten bis hin zu WLAN und digitalem Klassenraum. Wenn, wie angekündigt, die Hürde einer Grundgesetzänderung noch in dieser Legislaturperiode gelingen sollte und das Förderprogramm gleichfalls noch von der Großen Koalition auf den Weg gebracht wird, dann bleibt eines zu hoffen: Dass die Architekten des Investitionsförderprogramms in den beteiligten Ministerien in Bezug auf die Vergabe der Mittel fachlich auf der Höhe der Zeit und des aktuellen Schulbaudiskurses sind.
Damit die Trendwende im Schulbau gelingt, muss ein kluges Anreizsystem an das Bundes-Förderprogramm für Investitionen in schulische Infrastruktur geknüpft sein. Das heißt konkret: Abschied von der Klassenraum-Flur-Schule und Aufbruch in neue Lernwelten entlang dreier notwendiger Kriterien für die Förderung:
- Transparenz/Offenheit: Um eine Vielfalt von Räumlichkeiten anbieten zu können, bedarf es einer gewissen Durchlässigkeit und Transparenz der Architektur. Teamarbeit und auch Aufsichtspflicht erfordern Sichtverbindungen und Öffnung der Lernbereiche untereinander. Der Grad der Transparenz sollte teilweise auch wandelbar sein, so dass die Nutzer/innen entscheiden können, wieviel Offenheit gebraucht wird. Die Schule übernimmt gleichzeitig als öffentliche Einrichtung Funktionen und bietet Raum für den Stadtteil.
- Nutzungsvielfalt: Aufgrund der vergrößerten Vielfalt an Aktivitäten, müssen unterschiedliche Räumlichkeiten mit verschiedenen Qualitäten, Größen, Proportionen, Lichtsituationen, akustischen Eigenschaften etc. angeboten werden, damit die vielfältigen Nutzungen im Gebäude Platz finden.
- Nutzungsüberlagerung: Um eine Addition von unterschiedlichsten Räumen zu vermeiden, gilt es, Nutzungen zu kombinieren und/oder zu überlagern. Dafür müssen geeignete Räume entworfen werden, die entweder in ihrer Größe der Mehrfachnutzung gerecht werden, oder die in der Nutzung durch flexibles Mobiliar angepasst werden können. Dabei spielen die Qualitäten und Atmosphären in den Räumen eine wesentliche Rolle. Es geht nicht darum, neutrale Räume zu schaffen, die flexibel für sämtliche Nutzungen zur Verfügung stehen. Vielmehr sollen gemeinsam mit der Schule Nutzungen identifiziert werden, die sich kombinieren lassen und dafür ansprechende und inspirierende Räume entwickelt werden.
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Perspektiven von Lehre, Forschung und Praxis: Die Broschüre „Wenn Stadt Bildung mitdenkt, dann…“
Die Publikation „Wenn Stadt Bildung mitdenkt, dann….“ dokumentiert die Ergebnisse der von der TU Berlin durchgeführten Sommerschule 2015 unter dem Motto „Die bildende Stadt“.
Gefördert wurde die Sommerschule 2015 im Rahmen des Projektes „Fachlicher Nachwuchs entwirft Zukunft“ von der Nationalen Stadtentwicklungspolitik (BMUB, BBSR) und der Vodafone Stiftung. Studierende von zehn Hochschulen arbeiteten ein Semester lang gemeinsam zu folgenden Themen:
Schulen bilden Nachbarschaften
Wie sich Schulen als neuartige Orte des Zusammenlebens und -lernens erfinden
Bürger bilden Stadträume
Wie aktive Bewohner und Stadtplaner mit- und voneinander lernen
Orte bilden Erfahrungen
Wie vielseitig gestaltete Stadträume Lernerfahrungen im Alltag fördern
Während einer intensiven zweiwöchigen Projektphase entwickelten die Studierenden im Anschluss an das Sommersemester 2015 innovative Lösungen für das Stadtquartier im Berliner Bezirk Reinickendorf, den Lettekiez.
Neben der Dokumentation der Lehrveranstaltungen und den Ergebnissen der Sommerschule enthält die Publikation Beiträge von ausgewiesenen Experten zu den oben genannten Themen sowie abschließende konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis, die sich aus den Ergebnissen ableiten lassen.
Die Broschüre ist sehr ansprechend gestaltet und gut gegliedert. Die Gliederung der Broschüre orientiert sich an den genannten drei Themenbereichen. Die farbliche Markierung dieser Bereiche verschafft dabei dem Lesenden einen guten Überblick. Man kann sich einzelne Beiträge der Universitäten anschauen, durch die erarbeiteten Vorschlägen der Studierenden blättern oder auch nur die Expertenbeiträge zu vielfältigen Themen rund um die Beziehung zwischen Stadt-Raum und Bildung und zu Praxisprojekten lesen. Ein einführender Text und Daten zum Thema stehen der Beschreibung von Seminaren und Lehrveranstaltungen, Expertenbeiträgen und der Darstellung der Sommerschulergebnisse voran.
Die Veröffentlichung macht Lust auf genaueres Hingucken und Lesen und gibt einen guten Einblick, mit was sich die Architektur-, Raumplanung- und Urbanistik sowie Lehrstühle der Sozialen Arbeit innerhalb des Themenfelds Stadt/Raum und Bildung beschäftigen und für welche Themen sich die Studierenden interessieren.
Das gelungene hochschulübergreifende Format der interdisziplinären Kooperation wird hier spannend und zugänglich dokumentiert und zeigt, wie wertvoll die Zusammenarbeit von universitärer Lehre, Zivilgesellschaft, Planenden und Kommunen ist. Interessant wäre es noch, das Feedback der Studierenden zu dem Format und zur Sommerschule in der Publikation zu integrieren.
Wenn Stadt Bildung mitdenkt, dann..., Angela Million, Felix Bentlin, Anna Juliane Heinrich; Fachgebiet Städtebau und Siedlungswesen ISR – TU Berlin in Kooperation mit der Vodafone Stiftung Deutschland. Tempus Corporate, Berlin 2016.
Information zum Projekt „Die bildende Stadt“ sowie den Link zum Download der Broschüre "Wenn Stadt Bildung mitdenkt, dann..." finden Sie hier:
www.isr.tu-berlin.de/summerschool/bildendestadt
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